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Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"
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Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des "Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO . Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste, Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
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Autor |
Beitrag |
LOthar Samuel Tesche
Beiträge: 267
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Erstellt: 07.11.04, 00:19 Betreff: Re: Stil..Lieber Herr Professor Opielka |
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Lieber Herr Opielka,
da Sie mich so freundlich mit „Lieber“ ansprechen, moechte ich es ihnen gleichtun –und ich moechte Sie wissen lassen, dass ich es mit den Begriffen Sympathie und Antisympathie mit Rudolf Steiner halte, das „Lieber“ also aufrichtig meine.
„Ihnen gegenueber fuehle ich kein besonderes Beduerfnis der Selbst-verteidigung.“
Welches Motiv befluegelt Sie, mir diese Worte mitzuteilen? Habe ich darum gebeten (sich zu verteidigen)? Da Sie aus meinem Schreiben an Peter Scharl die Worte widergeben:
„ es ist schon putzig, wie manche hier versuchen, den Herrn Professor Opielka zu verteidigen, so als waere er dazu nicht selbst in der Lage.“,
vermute ich, dass diese Ihnen zu dem Anlass verhalfen. Aus meinen Worten jedoch geht selbst mit grossem Wohlwollen nicht hervor, dass S i e deren Adressat sind. Es sind eindeutig jene, die Ihre Person verteidigen; denn dass S i e faehig sind, sich selbst zu verteidigen ist unbenommen und steht ausser Frage. Mir jedoch unterschwellig meine Worte im Munde so herumzudrehen, als hielte ich Sie fuer unfaehig, sich zu verteidigen, ist infam. Sie wollen mir damit weh tun. Aber das ist Ihre Art der Selbstverteidigung. Nicht nur gegenueber m e i n e r Person. Sie fuehlen sich gekraenkt und koennen es nicht eingestehen. Koennten Sie das Gefuehl des Gekraenktseins indes zulassen, wuerden Sie sagen: „Ich fuehle mich von Ihnen gekraenkt und moechte mit Ihnen darueber ein klaerendes Gespraech fuehren.“ Das „Lieber Herr Tesche“ meinen Sie nicht aufrichtig….es ist nur ein klaeglicher Versuch, Ihr Gekraenktsein zu uebertuenchen. – Und damit tun Sie Ihrer Seele nichts Gutes, aber das wissen Sie selbst. Ich haette das alles keiner naeheren Betrachtung unterzogen, wuerde sich dieses unschoene Verhalten nicht wie ein roter Faden durch etliche Stellen Ihrer Zuschriften ziehen.
Aber kommen „wir“ zu Ihrem starken Beduerfnis die Demokratie zu verteidigen. Sie sagen: „Ich aber habe das starke Beduerfnis , die Demokratie zu verteidigen, die Sie derart einseitig interpretieren, dass ich ‚unter’ Ihnen keineswegs leben wollte: Demokratie ist eben nicht einfach „die Herrschaft der Mehrheit“. Wie Sie naemlich mit der Minderheit umgehen wuerden, haetten Sie etwas zu sagen, demonstrieren Sie in Ihren Mails.“
Ihr Hinweis darauf, dass Sie ein „starkes Beduerfnis“ haben, mag fuer Sie selbst sehr ehrenruehrig sein, sagt aber absolut nichts ueber den inneren Zustand dessen aus, was Sie eloquent als Demokratie bezeichnen. Waehre dieses Beduerfnis tatsaechlich so stark, wie Sie mir und allen anderen hier glauben machen wollen, dann haetten Sie gewiss Ihre Vorstellungen ueber unsere Demokratie dezidierter dargestellt. Da sie es unterlassen haben, ist ihr Spruechlein nichts weiter als eine leere Worthuelse (aber Sie haben ja noch Gelegenheit, die Huelse mit Inhalt zu fuellen!). …..Bestimmt kommt jetzt Ihr Standartspruechlein: „Sie koennen es in meinen Publikationen nachlesen“….
Sie halten mir vor, ich wuerde unsere Demokratie einseitig interpretieren. Woran machen Sie das fest? Anhand welcher Textstellen vermuten Sie das?
„Wenn ein Huhn gackert, legt es auch ein Ei“, sagt der Volksmund. Sie gackern nur. Oder wie mein Großvater immer sagt: „Mich kann jeder ein Arschloch nennen, aber ich verlange von ihm, dass er es ausfuehrlich und gut begruendet. - Und genau diese Haltung zeichnet einen guten Wissenschaftler aus!“ (Ich denke gerade an Ihr Gegackere, als Sie Herrn Thiers Ausfuehrungen mit dem Gegacker „Rasenmaehersozialismus“ belegten. Ach wie gern wuesste ich, was genau Sie damit meinen !)
Mit Ihren Worten haben Sie mir ungewollt einen Hinweis auf ihr Demokratieverstaendnis gegeben „ (…) dass ich ‚unter’ Ihnen keineswegs leben wollte“. - „Unter der Demokratie des Tesche leben“, wollen Sie damit sagen… In Ihrer Vorstellungswelt lebt man also u n t e r einer Demokratie. Das unterscheidet uns in der Tat voneinander. In meiner Vorstellungswelt lebt man idealerweise i n einer Demokratie.
Sie haben natuerlich recht, wenn Sie sagen, dass Demokratie nicht einfach Herrschaft der Mehrheit bedeutet. Ich habe mich im meinen Ausfuehrungen gegenueber Peter Scharl unsauber ausgedrueckt; denn wenn alle herrschen (-Herr ihrer selbst sind, keiner ueber den anderen herrscht. Jeder mit seiner Stimme spricht, und diese nicht jemanden geben muss, auf dass dieser in seinem Namen spreche) entfaellt der Begriff Herrschaft – denn wie soll man ueber etwas herrschen koennen, wo nichts ist, das man beherrschen kann? In der Welt der Demokratie, wie sie mir vorschwebt, hat jeder Mensch ein festes Dach über dem Kopf, eine Schulbildung bis zum 18. Lebensjahr ohne Abschluss, genuegend Nahrung, und eine Beschaeftigung. Nichtsdestotrotz bedeutet aber Demokratie selbst nach herrschendem Sprachgebrauch auch Herrschaft der Mehrheit: „Die Demokratie braucht die Anerkennung und das Engagement aller Buergerinnen und Buerger. Freiheit und Gleichheit koennen nur verwirklicht werden, wenn alle Buergerinnen und Buerger sich der gewaehlten Gesellschaftsform bewusst sind (mal ganz davon abgesehen, dass sich unser Volk sein Grundgesetz nicht selbst gewaehlt hat, sondern dass es uns von den amerikanischen Besatzungstruppen aufoktroyiert worden ist. Auch nach der Wende durften wir uns kein gemeinsames neues Grundgesetz geben, wenngleich es im Grundgesetz Artikel 146 heisst: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands fuer das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gueltigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ ( Anmerkung L.S.T. ) )- und diese in gemeinsamer Verantwortung von Tag zu Tag neu gestalten. Die Mitwirkung an politischen und staatlichen Entscheidungen in allen gesellschaftlichen Teilbereichen, in Gemeinde, Landkreis und Land ist deswegen nicht nur Aufgabe der gewaehlten Volksvertreter, sondern jedes Einzelnen. Gerade junge Menschen sollten dies als Teil ihres staatsbuergerlichen Lebens verstehn, denn es geht dabei in erster Linie um ihre Zukunft.“ (Quelle: Verfassung des Landes Hessen und Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Hessisches Kultusministerium. 50.Auflage, aus dem Geleitwort).
Ich nehme an, dass Ihr Demokratieverstaendnis ein voellig anderes ist als meines (allein schon der Umstand, dass Sie sich u n t e r einer Demokratie lebend fuehlen). In Ihrem Verstaendnis muss wohl eine Minderheit ueber die Mehrheit herrschen, wie das realiter ja auch der Fall ist. Und so soll es auch bleiben. Diesen Status quo zu verteidigen, ist Ihr Sinnen und Trachten, das zu verteidigen, ist Ihr „starkes Beduerfnis“. Und genau dieses „Demokratie“- Verstaendnis ist es, dass in ihrem Kopf solche geistigen Missgeburten wie Ihr „Bafoeg für alle“ gebiert. In einer Welt, in der es weder Mehrheiten noch Minderheiten gibt, sondern nur Gleiche unter Gleichen ( was den Besitz materieller Gueter anbelangt!! Immaterielle, geistige Gleichheit gibt es selbstverstaendlich nicht), wollten Sie nicht leben. Das ist Ihr gutes Recht. Aber seien Sie unbesorgt, diese Welt werden Sie - in Ihrem Alter- eh nicht mehr erleben muessen.
Zu guter Letzt muessen Sie mir aber unbedingt noch sagen, wie Sie glauben, dass ich mit der Minderheit umgehen wuerde, denn schliesslich demonstriere ich das (Ihrer Meinung nach) in meinen Mails. Also gackern Sie nicht nur, sondern legen mal ein Ei !
Jedenfalls gibt es ein schoenes Beispiel, aus dem hervorgeht, wie S i e gedenken, mit Minderheiten umzugehen.
Die Interviewfrage lautet: „Da muesste aber das Menschenbild, das der Sozialpolitik zugrunde liegt, grundsaetzlich veraendert werden.“
(Opielka:) „Das koennte schon damit anfangen, dass man mal Ernst macht mit der Menschenwuerde der von Arbeitslosigkeit und Armut Betroffenen. Ich bin der Meinung, die Politik laesst es ihnen gegenueber an Respekt mangeln. So ein Vorschlag wie die Ein-Euro-Jobs zum Beispiel, der zeigt das deutlich. So bekommt die ganze Sozialpolitik auch ein schlechtes Image, die Leute fuehlen sich einfach schlecht behandelt. Man kann schon Gegenleistungen erwarten, aber zuerst muss die Wuerde der Menschen gewahrt werden. Da spreche ich auch aus persoenlicher Erfahrung: Ich komme aus einer Familie mit fuenf Kindern und war auf einem Elitegymnasium. Da war ich immer der Aermste der Klasse, aber die Verantwortlichen der Schule gingen sehr taktvoll damit um und haben zum Beispiel finanzielle Unterstuetzungen diskret behandelt.“ (Quelle: Magazin Info 3 das Interview fuehrte Cornelia Unger-Leister)
„Man kann schon Gegenleistungen erwarten, aber zuerst muss die Wuerde der Menschen gewahrt werden.“…. Dafuer geben Sie dann ein Beispiel, dass die Schulleitung naemlich finanzielle Unterstuetzungen an Ihre Eltern diskret behandelt hat. Die arm werdenden Arbeitslosen (offiziell 4,3 Millionen, inoffiziell 7 Millionen) sind an ihrem schlimmen Schicksal selber schuld, deshalb werden sie nach und nach mit Armut gezeichnet. Da das demokratisch kapitalistische Herrschafts-system sich im Grunde genommen nicht schuldig am Schicksal dieser Menschen fuehlt, andererseits diese nicht massenhaft beseitigen kann (deshalb ist heute schon das Wort „sozialvertraegliches Abbleben“ im Schwange … ebenso werden immer mehr sanfte Selbstmordmoeglichkeiten propagiert) ist es so gnaedig, diese Bittsteller nicht direkt verrecken zu lassen. Das System spielt sich als uneigennuetziger Goenner der wirtschaftlich Gestrandeten auf und erwartet dafuer nur „einige wenige Gegenleistungen“ (die Gestrandeten stehen in der Schuld der Machthaber, die sich schadlos an ihnen halten). Ja, Herr Opielka, die finanziellen Zuwendungen an die Armen sollten diskret behandelt werden….. Deshalb lehnen es heute immer mehr deutsche Hausbesitzer diskret ab, Menschen mit befristeten Arbeitsvertraegen in ihren Haeusern wohnen zu lassen. Ja, diese Hausbesitzer wahren sogar die Wuerde der abgelehnten Bewerber…“Sehen Sie doch mal, wenn Ihr Zeitvertrag nicht verlaengert wird und Sie in meinem Mietshaus arbeitslos werden, reden die Leute ueber Sie, und das ist in meinen Augen menschenunwuerdig. In diese Lage moechte ich Sie nicht bringen.“ In einigen USA-Staedten werden arbeitslose Sozialarbeiter ausgeschickt, Obdachlose aufzuspueren. Diese werden dann ausserhalb der Staedte in Baracken untergebracht- alles ganz menschenwuerdig versteht sich („Hier bei uns draussen wird dir kein ehemaliger Kumpel begegnen, der sich lustig darueber macht, dass du jetzt Penner bist“). Arbeitslose werden in saubere menschenwuerdige Uniformen gesteckt und muessen fuer saubere menschenwuerdige Staedte sorgen (wie es in den Wohnungen der Gestrandeten ausschaut, geht niemanden etwas an). Es gibt Sozialhilfeempfaenger, die Laternenpfaehle tagsueber von Aufklebern reinigen und nachts damit beschaeftigt sind, Laternenpfaehle fuer paar Euro mit Aufklebern zu bepflastern. Alles ganz diskret menschenwuerdig versteht sich.
Ja, Herr Opielka, so gehen Sie mit Minderheiten um. Wie bitte ??!! Nein! Ich doch nich! Diesen Vorwurf weisen sie natuerlich weit von sich: „Nein, so etwas wuerde ich niemals tun, wo denken Sie hin, lieber Herr Tesche!“
Oh, gerade wo ich enden will, kommt mir der Gedanke, dass Sie das mit der Minderheit vielleicht auf sich selbst gemuenzt haben koennten…. Also selbstverstaendlich wuerde ich Sie so behandeln, wie ich ich versuche, alle Menschen zu behandeln: Nett und zuvorkommend, ja ich wuerde Sie sogar zu einer Tasse Kaffe einladen!
Post Scriptum: Im Uebrigen moechte ich mich Ihrer Meinung anschliessen, dass im Dezember der Sprecherkreis veraendert wird. Ich plaediere fuer Ihre Abwahl.
Mit freundlichen Gruessen
Lothar Samuel Tesche (New York City)
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