Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"

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Autor Beitrag
LOthar Samuel Tesche

Beiträge: 267

New PostErstellt: 18.11.04, 12:18     Betreff: Lieber Silas...Eine andere Welt ist möglich.

Lieber Silas Bernd,

Du sagst in Deinem Beitrag: „WÜRDE, nicht kommerzieller Erfolg“:

„Meine Begründung (absolutes Existenzrecht qua Menschsein) zielt
auf Erkenntnis und ist vollkommen unabhängig von irgendwelcher
technischer Umweltbeherrschung. Sie zielt auf materiellen Aus-
gleich. Hieraus ergibt sich Notwendigkeit, aus bloßem Wohlstand
aber nur Möglichkeit.“

Ein absolutes Existenzrecht mittels des Menschseins, oder von der bloßen schieren Fähigkeit, Mensch zu sein, abzuleiten – ist für mich nicht nachvollziehbar.
Es besteht kein Existenzrecht außerhalb der menschlichen Existenz, außerhalb des menschlichen (Bewußt-) Seins; das heißt das Existenzrecht ist nicht irgendwann einmal wie eine Wolke oder wie eine Art heiliger Geíst über die Menschheit gekommen.
Das Existenzrecht, oder präziser: das Recht auf Existenz, also leben zu dürfen,
ist die sittliche Forderung eines menschlichen Individuums oder einer Menschengruppe.
Das Recht auf Existenz hat im Laufe der Menschheitsgeschichte viele Wandlungen erfahren , d h. es wurde in unterschiedlichster Weise ausgelegt, interpretiert.

Dieses Recht nimmt per se jedes Menschenwesen für sich in Anspruch – oder überhaupt: jedes geborene Lebewesen strebt dem Leben zu.

Andererseits weiß als einziges Wesen der belebten Welt, von Kindesbeinen an, nur der Mensch um seinen Tod.
Nichts auf dem weiten Erdenrund ist ihm so gewiß wie das eigene Vergehen (das Nichtexistierenmüssen) . Ja er braucht nur das Wort T O D zu hören, und schon wird er an den seinen erinnert. Da er danach trachtet, diese Stunde so weit wie möglich hinauszögern, weil er Angst hat zu sterben, ist er wohl auf die Idee verfallen, in seinem Schädel das Recht auf Existenz zu kreieren. Diese Angst wird regelrecht sichtbar an den Schnittstellen, an denen sich die machthabenden Weltbeherrscher und „Großen“ dieser Welt, mit Leibwachen und gepanzerten Fahrzeugen umhüllen.

Die sittliche Forderung einer M e n s c h e n g r u p p e nach Recht auf Existenz verkehrt deren Sinn gegenüber einer anderen Menschengruppe geradezu in ihr Gegenteil: Um als Gruppe überleben zu können, durften und dürfen andere Gruppen ins Jenseits befördert werden. In manchen Zeiten durften Neugeborene getötet werden; heute ist das nicht viel anders (siehe der stete Hinweis der Sharon Regierung: „Die Palästinenser wollen uns unserer Existenz berauben, deshalb müssen wir uns wehren. Wenn dabei Kinder getötet werden, ist das nicht nur Unrecht; denn diese Kinder können nicht mehr ihre Väter rächen. “. Die amerikanische Regierung kämpft in Vorderasien nicht für eine Demokratie, sondern um das Öl…das bei ihnen bald zur Neige geht – sie könnten dann nicht mehr 46% der jährlich weltweit erzeugten Energie für sich allein verbrauchen), alle Kriege werden letztlich geführt, um einer Gruppe das Überleben zu garantieren.

So betrachtet ist das Recht auf Existenz nicht mehr wert als der Schmutz unter unseren Fingernägeln.
Es ist alles nur eine Frage dessen, was eine Menschheit zu beschließen imstande ist. Wenn sie beschlösse, den Krieg zu ächten und jegliche Waffenproduktion einzustellen, wäre das ein wahrer Fortschritt in Hinblick auf ihr Recht zu leben : Was die gesamte Menschheit weltweit für Nahrung, Wohnungsmiete und Bekleidung finanziell aufbringt, bringt sie auch für ihre Waffen und Kriegsmaschinerien auf.


Des Weiteren ist unsere Existenz sehr wohl abhängig von der Fähigkeit, die Erde, also die Natur in unserem Sinne zu gestalten (das nennst Du technische Umweltbeherrschung) .
Du wirst nicht allen Ernstes glauben, dass 6,3 Milliarden Menschen auf unserer Erde (über-)lebensfähig sein könnten, wenn sie ausschließlich nur Beeren sammelten, Fische fingen und jagen gingen??

Wenn Du von „technischer Umweltbeherrschung“ sprichst, so wohnt diesem Wort etwas Abfälliges inne, etwas das nach Arbeit ganz im Sinne dessen riecht,
das gerade unser europäisches Denken von Anbeginn der christlichen Kultur bestimmt (ca. ab 400 nach unserer Zeitrechnung) - und sich immer stärker über die Riesenkonzerne auf unserem Planeten ausbreitet: Dass Arbeit eine Strafe sei…..

„Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn baute und bewahrte.“ (Ja, allen Tieren sollte er noch Namen geben…)
(Quelle: Genesis 1)
Dieses sollte Adams Aufgabe sein: Den Garten Eden zu bauen und zu bewahren. Weil Gott es nicht gut fand, Adam allein zu lassen, machte er ihm eine „Gehilfin“, die Adam Eva nannte.
Nach dem allseits bekannten Sündenfall rächte sich Gott bitterlich: „Verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen bis dass du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist“ (a.a.O.).

Ein Leben lang soll der Mensch büßen mit harter Arbeit. Arbeit haftet ihm als Fluch an. Er soll büßen für den Sündenfall seiner Spezies. Mit unsichtbaren Ketten ist er an Arbeit gefesselt.
Entscheiden sich die Herren der Konzerne und Fabriken und Regierungen, dem Menschen seine Arbeit zu nehmen, so verhöhnen sie ihn obendrein und machen ihn dafür verantwortlich, dass er keine Arbeit findet. Ja sie nehmen ihm praktisch sein Existenzrecht: Da er zu faul ist, Arbeit zu suchen, geben sie ihm ein wenig zu fressen und zwingen ihn, praktisch umsonst zu arbeiten - will er auch das nicht, hat er alle Lebensrechte verwirkt und darf unter einer Brücke verrecken (direkt vom Leben in den Tod befördern können sie ihn nicht, da sie sich mit dem Mantel der Demokratie, dem perfektesten aller Unterdrückungsmittel in den Händen der Herrschenden, schmücken).
Ja, es gelingt sogar diesen Priestern der Weltfinanzen, den Menschen einzureden, dass sie prinzipiell faul seien, und dass sie keine Beschäftigung suchen würden, wenn man ihnen soviel zahlte, dass sie auch ohne Arbeit in den Fabriken (usw.) überleben könnten.

Da nicht Gott den Menschen erschaffen hat, sondern der Mensch Gott, musste irgendjemand in der Geschichte ein Interesse daran gehabt haben, solche Mythen in die Welt zu setzen. Und es ist in der Tat so, dass in fast allen Geschichten (Mythen), die die Entstehung der Welt und des Menschen behandeln, von Göttern berichtet wird, die sich wegen der „Bösartigkeit“ und Uneinsichtigkeit des Menschengeschlechts an diesem gerächt haben.

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass es einen Gott geben soll, der etwas schafft, um sich im Anschluß daran für alle Zeiten an dem Geschaffenem zu rächen.
Es ist nicht schwer, herauszufinden, wer an solchen Mythen Interesse fand und für seine Verbreitung sorgte: Häuptlinge, Priester, Priesterkönige, Pharaonen, Stammesführer, Heeresführer, Könige, Päpste und in der Neuzeit Präsidenten. Viele dieser Herrscher nannten oder nennen sich Vetreter Gottes auf Erden. – Und alle haben sie die armen Sünder hart arbeiten lassen. In großen Zeitabschnitten des europäischen Mittelalters empfanden die Menschen die Welt als ein Jammertal und lebten nur für das Jenseits, nur für ihren Glauben an das Himmelreich, während sie im Diesseits hart darben mussten und im Schweiße ihres Angesichtes ihr Brot essen durften (das galt selbstverständlich nicht für Herrschende und deren soziales Umfeld).

Das Prinzip, dass Minderheiten über Mehrheiten herrschen dürfen , wird von allen Völkern der Welt mehr oder weniger anerkannt.
Der überwiegende Teil der Völker glaubt an die Erneuerungskraft des weltweit agierenden demokratisch kapitalistischen Systems.

Milliarden Menschen empfinden die Lebenswelt als ein Jammertal. Da der Glaube an ein Himmelreich in den hochindustrialisierten Ländern nicht mehr durchsetzbar ist, haben die Hohepriester des Kapitals ein neues Zauberwort kreiert, haben das Wort Himmelreich in das Wort Zukunft umgetauft.

„Wir alle müssen für eine große Zukunft kämpfen. Für eine Zukunft, in der wir alle uns wohlfühlen. Für eine Zukunft, in der unsere Kinder und Kindeskinder ein lebenswertes glückliches Leben genießen können“, - rufen sie uns aus allen Zeitungen, allen Rundfunk- und Fernsehstationen der Welt entgegen.

Wenn man in den Annalen der Geschichte liest, wird man indes schnell gewahr, dass die längst verstorbenen Priester der Weltfinanzen schon damals den Kindeskindern eine blühende Welt versprachen. Wenn diese Kindeskinder heute als erwachsene Menschen die Machthaber auf ihre Versprechungen von damals erinnern, antworten sie frech, dass eben die Menschen Fehler gemacht und nicht genügend gearbeitet hätten.

Und hier schließt sich der Bogen, den ich geschlagen habe, lieber Silas Bernd. Du sagst, das Existenzrecht des Menschen ziele auf materiellen Ausgleich. Da ein Existenzrecht nachgewiesenermaßen per se nicht existiert, sondern nur von den jeweils herrschenden Machtstrukturen einer Gesellschaft abhängig ist, wird die Frage nach dem Ziel obsolet.
Oder im Klartext gesprochen: Ich halte es für Unterwürfigkeit, den Herren der Welt gegenüber als Bittsteller aufzutreten: „Seht, liebe Herren der Finanzmärkte und Weltkonzerne, wir haben doch ein Existenzrecht, ein Recht zu leben. Seit bitte so lieb und bedenkt das. Gebt uns bitte etwas von dem Reichtum ab, den wir für euch schaffen.“
Du gehst gar einen Schritt weiter und machst sie auf bittere Fehler ihrer Herrschaft aufmerksam. Du bittest sie, die materielle Ungleichheit zu bekämpfen, damit sie selber nicht in rechtsfreie Räume geraten, in denen ihnen eine „ordentliche“ Herrschaft nicht mehr möglich ist:

„Die Politik weiß, das jene die materielle Ungleichheit mehrenden Tendenzen, bekämpft werden müssen, da in den Extremen von Armut und Reichtum rechtsfreie Räume unvermeidlich sind, statt dessen aber fördert sie diese Ungleichheit geradezu.“

Ich halte es auch für sehr illussionistisch, zu glauben, der Staat ließe sich nur dann ein Grundeinkommen abringen, wenn wir diese Forderung auf das Fundament der Würde des Menschen stellen…

„Solange die Forderung nach einem Grundeinkommen anstatt auf der Würde des Menschen auf dinglichem Reichtum zu fundieren gesucht wird, werden wir diesen Staat zur Installation desselben nicht bewegen; das Grundeinkommen liegt ihm nicht und es bliebe nicht notwendig, dh. aus Sicht des Staates überflüs-
sig ("man kann sich ja nicht allem Möglichen annehmen").“

Im übrigen gibt es diese Würde des Menschen ja schon längst. Sie ist gar ein Bestandteil des herrschenden Grundgesetzes!
All diese schöngeistigen Worte sind Peanuts („Würde des Menschen“, „Existenzrecht des Menschen“, „Menschengerechte Zukunft“ usw.), leere Worthülsen, mit denen man uns bis auf den Sankt Nimmerleinstag vertrösten möchte. Ich meine, dass wir uns nicht in solches schöngeistige, schwülstige, devote Fahrwasser begeben sollten und auch nicht müssen. Das haben wir als Menschen einfach nicht nötig….wir müssen den Machthabern nicht zu Kreuze kriechen!
Die gesamte lebende und verstorbene Menschheit hat diese Welt geschaffen, wie sie heute vor unser aller Augen liegt, mit all ihren unendlichen Schönheiten und unendlichen Hässlichkeiten. Es ist die Welt der gesamten Menschheit. Der g e s a m t e n sage ich, nicht nur die Welt der rund zwei Millionen Menschen, die sich diese Welt angeeignet haben, und glauben, mit ihr machen zu können was ihnen beliebt. Sie haben nicht das Recht, sich als Stellvertreter eines Gottes aufzuspielen, der bis auf zwei Menschen die gesamte Menschheit ausrottete (Sintflut), bloß weil sich ein Weib umdrehte.
Sie haben nicht das Recht, und Arbeitsformen aufzugeißeln, die uns alle unglücklich machen.

Alle Menschen haben eine wundervolle Welt geschaffen, A L L E !! Eine Welt, die es uns ermöglicht, dass jeder von uns ein festes Dach über dem Kopf, genügend Nahrung, eine Schulbildung bis zum 18.Lebensjahr ohne Abschluß und Beschäftigungen hat.

Es könnte sein, dass sich unser Kampf um ein Bedingungsloses Grundeinkommen, um ein Einkommen also, das so hoch liegt, dass jeder damit leben kann, auch ohne ein Lohnarbeitsverhältnis eingehen zu müssen, als ein globaler Kampf herausbildet, der endlich das Tor aufstößt, zu einer Welt, in der kein Menschenwesen Angst vor dem Morgen haben braucht.

E I N E A N D E R E W E L T I S T M Ö G L I C H.

Mit lieben Grüßen
Lothar Samuel Tesche

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