KerstinB
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Erstellt: 18.12.11, 15:36 Betreff: Re: "The Voice of Germany" |
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Presse: Mannheimer Morgen, Jörg-Peter Klotz
Pop: Seit gestern stehen sich die Sänger bei der revolutionären Casting-Show "The Voice Of Germany" gegenüber
Ring frei für große Stimmen
Die Ankündigungen waren vollmundig, eine wahre Revolution des Casting-Formats wurde in Aussicht gestellt, sogar von der "besten Musikshow der Welt" war die Rede. Nachdem sich der Rauch nach der ersten Runde von "The Voice Of Germany" verzogen hat, kann man eine Bilanz des Quotenhits von ProSieben/Sat.1 ziehen, bei dem die Musik total im Mittelpunkt stehen soll: Vielleicht muss nicht gleich die Popgeschichte umgeschrieben werden, aber die Show, bei der sich auch der Mannheimer Xavier Naidoo als Juror/Coach mächtig ins Zeug legt, erfüllt die selbstgeschürten Erwartungen weitgehend.
Die "Blind Auditions", bei denen die Coaches Naidoo, Nena, Rea Garvey und The BossHoss aus 150 von Musikexperten vorausgewählten Kandidaten je etwa 16 nur aufgrund des Stimmeindrucks für sich rekrutieren sollten, waren ein Gewinn: Die Spannung multiplizierte sich, weil der Zuschauer mitfiebern konnte, welcher der Stars auf welchen Sänger anspringen würde. Und schwupp, waren die Rollen vertauscht: Wer eben noch wie um sein Leben singen musste, hatte plötzlich die Qual der Wahl. Wenn mehr als ein Buzzer gedrückt wurde, buhlten plötzlich altgediente Echo-Preisträger um die Gunst des jeweiligen Talents. "Ende des Demütigungsfernsehens"
Dass auch diejenigen mit Respekt behandelt würden, für die sich kein Buzzer rührte und kein Stuhl umdrehte, war speziell Naidoo ein großes Anliegen. Der von Rea Garvey und Co. als "Dr. Ton" bespöttelte Söhne-Mannheims-Boss erwies sich zwar als der bei weitem kritischste Juror, aber das Feedback war generell stets konstruktiv und positiv. Daher ahnte der "Spiegel" gar ein "Ende des Demütigungsfernsehens" à la "DSDS" oder "Popstars".
Ganz klar ist: Das musikalische Niveau liegt Welten über dem der Konkurrenz. Das hat mit der exzellenten Live-Band um den Musikalischen Leiter Lillo Scrimali (Keyboards) und Fanta-Vier-Drummer Flo Dauner zu tun, zu der auch Ex-Königwerq-Bassist Michael Paucker zählt. Aber vor allem natürlich mit den Anwärtern auf den Titel "Die Stimme Deutschlands": Selbst David Pfeffer, der Sieger der zweiten Staffel der Vox-Show "X-Factor", die mit Profis wie Til Brönner ebenfalls um Ernsthaftigkeit ringt, kann nicht mit jedem mithalten, der bei "The Voice" in der ersten Runde scheiterte.
Ein Wunder ist das nicht. Schließlich haben es in die ersten sechs Sendungen fast nur Profis mit viel Bühnenerfahrung geschafft - wie die Mannheimer "Engelsstimme" Rino Galiano, der in zahllosen Sessions erprobte Butch Williams (zu hören auf dem ersten Album der Söhne Mannheims) oder Popakademie-Gesangslehrer Charles Simmons - Namen, die vor allem bei Live-Musik-Fans in der Metropolregion teilweise seit Jahrzehnten einen guten Klang haben. Mit Julius Olschowski und Laura Bellon sind auch zwei hochtalentierte Popakademie-Studenten im Team Naidoo gelandet, der die beiden natürlich längst kennt.
Dazu kommen einige erfahrene Musical-Darsteller und reihenweise Casting-Veteranen wie Ken Miyao (Overground), Benny Martell, Laura Martin oder der umstrittene Lehrer Stefan Zielasko ("ich habe noch nie auf einer Bühne gestanden"). Und auch Musiker, die es schon mal "geschafft" hatten: allen voran Dancefloor-Röhre Kim Sanders (Culture Beat, La Bouche), Deutsch-Soul-Pionier Ole Feddersen (Ole Soul) oder Vera Luttenberger (Luttenberger*Klug). Ein durchaus nicht unbekannter Moderator, Schauspieler und Sänger wie Sebastian Deyle fiel relativ sang- und klanglos durch.
Es gibt natürlich auch Ansätze für Kritik: Wenn es wirklich nur um Musik ginge, könnte man sich das typische überemotionalisierte Casting-Brimborium und die Querschnitte auf mitzitternde Verwandte und Freunde sparen. Und vor allem auch darauf vertrauen, dass Zuschauer mehr als 90 Sekunden einer starken Stimme und einem meist noch stärkeren Song zuhören können, ohne reflexhaft zur Fernbedienung zu greifen. Das Konzept der Show wäre eigentlich stark genug dafür.
Seit gestern Abend läuft die womöglich noch spektakulärere zweite Runde, die Ende September in einem Berliner Lagerhaus aufgezeichnete "Battle Round". Nach den "Blind Auditions" hatten die Coaches ihre Kandidaten eine Woche lang im Trainingslager, danach schickten sie ihre Schützlinge buchstäblich in den Ring. Dort mussten sie paarweise (oder in Einzelfällen zu dritt) zu einer Art Kampf-Duett antreten und gemeinsam einen Song singen. Der Coach ist dann Punktrichter und entscheidet, welche sechs seiner 15 bis 17 Teammitglieder sich ab 5. Januar bei den Live-Shows dem Votum des Fernsehpublikums stellen dürfen.
Mannheimer Morgen 16. Dezember 2011
http://www.morgenweb.de/nachrichten/kultur/20111216_mmm0000002618959.html
____________________ "Try to get away for good Leaving on a train Find that all that matters to me Blew away with the wind"
[editiert: 18.12.11, 15:41 von KerstinB]
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