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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
WIEDERGUTMACHUNG: NS-Opfer bekommen Rente für Arbeit im Ghetto

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Gast
New PostErstellt: 03.06.09, 08:06  Betreff: WIEDERGUTMACHUNG: NS-Opfer bekommen Rente für Arbeit im Ghetto  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

02.06.2009

Schrift:
WIEDERGUTMACHUNG
NS-Opfer bekommen Rente für Arbeit im Ghetto

Von Torben Waleczek

Seit Jahren kämpfen jüdische Ghetto-Arbeiter um Geld aus der deutschen Rentenkasse, doch die Behörden blockten die meisten Anträge ab. Das Bundessozialgericht hat jetzt Klarheit geschaffen - und macht Tausenden NS-Opfern neuen Mut.

Berlin - Während der deutschen Besatzung entstand in Minsk eines der größten Juden-Ghettos Europas. Zwei Jahre lang lebte hier der 1926 geborene Max Koniych. 1943 wurde er von den Nazis ins Ghetto getrieben, der Judenrat vermittelte ihm Arbeit in einer Lederfabrik.

Mehr als 60 Jahre später soll Max Koniych, der heute in Israel lebt, dafür jetzt Geld aus der deutschen Rentenkasse bekommen. Das entschied am Dienstag das Bundessozialgericht in Kassel in einem Grundsatzurteil. Der Richterspruch könnte Signalwirkung haben für etliche weitere Ghetto-Arbeiter, die bis heute um ihre Rentenansprüche kämpfen. Sie können jetzt damit rechnen, dass sich ihre bislang abgelehnten Forderungen doch noch durchsetzen lassen.

Hintergrund ist ein Bundestagsbeschluss von 2002, der auch solchen NS-Opfern den Weg zu einer Wiedergutmachung eröffnen sollte, die nicht unter die Zwangsarbeiterentschädigung fallen. Das "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" erlaubt Überlebenden den Bezug einer deutschen Rente - allerdings nur unter bestimmten Auflagen. Die Betroffenen müssen freiwillig - "aus eigenem Willensentschluss" - gearbeitet und dafür zudem ein "Entgelt" bekommen haben. Nur dann gelten sie als anspruchsberechtigt. Doch diese Kriterien erwiesen sich für viele als unüberbrückbare Hürde.

90 Prozent der Rentenanträge wurden abgelehnt

Eine restriktive Praxis der Sozialversicherungsträger machte es für die meisten Ghetto-Überlebenden bislang so gut wie unmöglich, die Rente zu bekommen. Von etwa 70.000 Anträgen wurden mehr als 90 Prozent abgelehnt. In etlichen Verfahren vor deutschen Sozialgerichten klagten Betroffene auf ihre Ansprüche. Diese liegen zwischen 100 und 200 Euro pro Monat. Sie gelten rückwirkend ab Juli 1997; inzwischen sind zwischen 10.000 und 30.000 Euro je Ghetto-Arbeiter aufgelaufen.

"Nach meinem Eindruck haben die Rentenanstalten mit allen juristischen Finten und Tricks versucht, die Ansprüche abzuweisen", sagt der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung, Wolfgang Benz.

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Knackpunkte in den Rentenkonflikten waren immer wieder die Aspekte Freiwilligkeit und Entgelt. Konnte man im Nazi-Ghetto wirklich freiwillig arbeiten? Ist eine Entlohnung mit Lebensmitteln als "Entgelt" zu werten? Und ist dies auch dann als Arbeitsentgelt zu bewerten, wenn es weniger als ein Drittel des üblichen Lohnes ausmacht, und damit als geringfügig gilt?

Gilt ein Mittagessen als Entgelt?

Max Koniych aus Minsk bekam für seine Arbeit in der Lederfabrik jeden Tag ein Mittagessen, dazu wöchentlich Lebensmittelkarten. Die deutschen Rentenbehörden lehnten seinen Antrag auf Rentenzahlung ab. Er habe "nach Art und Umfang kein ausreichendes Entgelt" empfangen. Koniych klagte zunächst vergeblich beim Sozialgericht, bekam aber beim Landessozialgericht Recht.

Jetzt stellten die Kasseler Richter beim Bundessozialgericht "Leitlinien" auf, die Klarheit schaffen - zugunsten von Max Koniysch und anderer Ghetto-Überlebender.

Auch in einem Ghetto mit generellem Arbeitszwang konnte man "aus eigenem Willensentschluss" arbeiten, so der 13. Senat des Bundessozialgerichts. Zumindest dann, wenn die Ghetto-Insassen einen gewissen Einfluss auf die Art oder den Ort ihrer Arbeit hatten.

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Urteil: Entschädigung für Ghetto-Arbeiter (02.06.2009)
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Gedenken an NS-Opfer: Köhler ruft zur Solidarität mit jüdischen Landsleuten auf (27.01.2009)

Als "Entgelt" werten die Richter zudem jegliche Form der Entlohnung, ob in Geld oder Naturalien. Auch kommt es nicht darauf an, ob das Entgelt den Ghetto-Bewohnern direkt ausgehändigt wurde - oder über die Vermittlung des Judenrats im jeweiligen Ghetto, der für alle Juden gemeinsam die Lebensmittel kaufte. Und sie erklärten auch die sogenannten "Geringfügigkeitsgrenzen" für unerheblich, bei deren Unterschreiten die Gerichte bislang nicht von einem echten Arbeitsentgelt ausgehen wollten.

Für die Betroffenen sind die juristischen Hürden gefallen

Damit sind praktisch alle Argumente vom Tisch, mit denen die deutschen Rententräger die Ansprüche von Ghetto-Überlebenden bislang abgeblockt haben.

"Das ist ein kleines Wunder, für meine Mandanten sind praktisch alle Hürden gefallen", sagt der Anwalt Nils Johannsen, der Max Koniych und weitere Ghetto-Überlebende vertritt. Das Urteil werde zu einer "schnellen Anerkennungspraxis" führen.

Endgültig entschieden ist die Sache allerdings noch nicht: Am Mittwoch befasst sich auch der 5. Senat des Bundessozialgerichts mit dem Thema "Ghetto-Renten". Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kammern müsste der Große Senat des Bundessozialgerichts entscheiden.

Mitarbeit: Dietmar Hipp
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,628165,00.html#ref=rss
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Gast
New PostErstellt: 03.06.09, 09:38  Betreff: Re: WIEDERGUTMACHUNG: NS-Opfer bekommen Rente für Arbeit im Ghetto  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Grundsatzurteile zur Entschädigung
Bundessozialgericht erleichtert Zugang zu "Ghetto-Renten"

Das Gebäude des Bundessozialgerichts in Kassel (Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Das Gebäude des Bundessozialgerichts: Der 13. Senat des Gerichts erleichterte den Zugang zu "Ghetto-Renten". ]
Der 13. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat sich für die Anerkennung der Arbeit von Juden in früheren NS-Ghettos bei der Rentenversicherung ausgesprochen. Nach drei jetzt verkündeten Grundsatzurteilen könnten wohl die meisten der bislang 70.000 Antragsteller eine Rente beanspruchen. Allerdings muss am Mittwoch auch der 5. Senat über die gleichen Fragen entscheiden; sollte dieser zu einem anderen Ergebnis kommen, entscheidet der große Senat des BSG.
Abgrenzung zur Zwangsarbeit

Juden, die unter deutscher NS-Besatzung in einem Ghetto gearbeitet haben, können nach dem so genannten Ghetto-Renten-Gesetz von 2002 Beitragszeiten zur Rentenversicherung geltend machen. Voraussetzung ist, dass sie "aus eigenem Willensentschluss" und "gegen Entgelt" tätig waren. Dadurch soll die Ghetto-Arbeit von der gesondert entschädigten Zwangsarbeit abgegrenzt werden. 70.000 Juden aus aller Welt hatten danach einen Antrag gestellt. Die Ansprüche von monatlich meist 100 bis über 200 Euro gelten Rückwirkend ab Juli 1997; inzwischen sind daher zwischen 10.000 und 30.000 Euro je Ghetto-Arbeitnehmer aufgelaufen.
Anträge bislang meist abgelehnt

Die Rententräger hatten die Voraussetzungen bislang meist nicht als erfüllt angesehen und über 90 Prozent der Anträge abgelehnt. Auch vor dem BSG machten sie geltend, die Gewährung von Nahrung und Unterhalt könne nicht als "Entgelt" angesehen werden. Zudem habe in den Ghettos meist Arbeitspflicht bestanden, so dass nicht von einem "eigenen Willensentschluss" auszugehen sei.

Wie nun der 13. BSG-Senat entschied, steht eine Arbeitspflicht im Ghetto den Rentenzahlungen nicht entgegen. Es reicht aus, wenn der Antragsteller Einfluss auf seinen Arbeitsort hatte und nicht einer bestimmten Stelle zugewiesen wurde. Als "Entgelt" gilt auch eine Bezahlung mit Lebensmitteln oder Lebensmittelkarten. Auch wenn Lohn nicht an den Arbeiter selbst, sondern an den in mehreren Ghettos gebildeten "Judenrat" ausgezahlt wurde, der dann für alle Juden gemeinsam Lebensmittel kaufte, ist darin ein "Entgelt" zu sehen, urteilte das BSG.

Geklagt hatten zwei Männer und eine Frau, die heute zwischen 80 und 87 Jahren alt sind. Sie waren während der nationalsozialistischen Besatzungszeit in Ghettos in Polen und Weißrussland als Elektromechaniker bei der Wehrmachtspost, in einer Lederfabrik und den "Reichswerken Hermann Göring", damals einem der größten deutschen Konzerne, beschäftigt. Dafür bekamen sie Essen, Lebensmittel oder Coupons, manchmal auch etwas Bargeld.

(Az: B 13 R 85/08 R und weitere)

*
Weltatlas
Weltatlas: Deutschland
[Flash|HTML] .

Stand: 02.06.2009 15:33 Uhr
http://www.tagesschau.de/inland/ghettoarbeit100.html
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Gast
New PostErstellt: 03.06.09, 19:05  Betreff: Re: WIEDERGUTMACHUNG: NS-Opfer bekommen Rente für Arbeit im Ghetto  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Politik

Dienstag, 02. Juni 2009
Rückwirkend ab Juli 1997
"Ghetto-Arbeiter" erhalten Rente
Für Arbeit im Ghetto während des Zweiten Weltkriegs steht NS-Opfern grundsätzlich eine Rente zu. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts stehen den Betroffenen auch dann Zahlungen aus der Deutschen Rentenversicherung zu, wenn im Ghetto Arbeitspflicht bestand und die Entlohnung ausschließlich in Naturalien erfolgte.

Rund 500.000 Juden wurden allein im Warschauer Ghetto zusammengepfercht.
(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel tritt für die Anerkennung der Arbeit von Juden in früheren NS-Ghettos bei der Rentenversicherung ein. Nach drei verkündeten Urteilen könnten wohl die meisten der bislang 70.000 Antragsteller Rentenzahlungen beanspruchen. Allerdings befasst sich am Mittwoch auch der 5. Senat mit dieser Frage; bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet der Große Senat des BSG. (Az: B 13 R 81/08 R, 85/08 R und 139/08 R)

Nach dem so genannten Ghetto-Renten-Gesetz aus dem Jahr 2002 können Juden Beitragszeiten zur Rentenversicherung geltend machen, die unter deutscher NS-Besatzung in einem Ghetto gearbeitet haben. Voraussetzung ist, dass sie "aus eigenem Willensentschluss" und "gegen Entgelt" tätig waren. Dadurch sollte die Ghetto-Arbeit von der gesondert entschädigten Zwangsarbeit abgegrenzt werden. 70.000 Juden aus aller Welt hatten danach einen Antrag gestellt, davon 30. 000 aus Israel. Die Ansprüche von monatlich meist 100 bis über 200 Euro gelten rückwirkend ab Juli 1997; inzwischen sind daher zwischen 10.000 und 30.000 Euro je Ghetto-Arbeitnehmer aufgelaufen.
http://www.n-tv.de/politik/Ghetto-Arbeiter-erhalten-Rente-article316978.html
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New PostErstellt: 03.06.09, 19:07  Betreff: Re: WIEDERGUTMACHUNG: NS-Opfer bekommen Rente für Arbeit im Ghetto  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Mittwoch, 03. Juni 2009
"Ein Stück weit Gerechtigkeit"
"Ghetto-Renten" bestätigt
Das Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel hat nun endgültig den Weg für eine großzügige Anerkennung von Ghetto-Arbeit bei der Rentenversicherung freigemacht.

Jüdische Arbeiter entladen im Ghetto von Krakau 1940 Kohlesäcke.
(Foto: Associated Press)

Der 5. BSG-Senat schloss sich am Mittwoch der entsprechenden Rechtsprechung des 13. Senats vom Vortag an. Danach können die meisten der bisher 70.000 Antragsteller Rentenzahlungen beanspruchen (Az: B 5 R 26/08 R und 66/08 R). Die Kosten werden auf gut eine Milliarde Euro geschätzt.

Nach dem Ghetto-Renten-Gesetz aus dem Jahr 2002 können Juden Beitragszeiten zur Rentenversicherung geltend machen, die unter deutscher NS-Besatzung in einem Ghetto gearbeitet haben. Voraussetzung ist, dass sie "aus eigenem Willensentschluss" und "gegen Entgelt" tätig waren. Dadurch sollte die Ghetto-Arbeit von der gesondert entschädigten Zwangsarbeit abgegrenzt werden.
Bildergalerie

* Vor 64 Jahren wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit.
* Symbol für den Holocaust, für den bestialischen Massenmord an über sechs Millionen Menschen.
* Wohl der düsterste, dunkelste Ort der jüngeren Geschichte.

Auschwitz
Das Lachen der Mörder
Alle Bilderstrecken
90 Prozent der Anträge abgelehnt

Die Rententräger hatten die Voraussetzungen jedoch meist als nicht erfüllt angesehen und über 90 Prozent der Anträge abgelehnt. Vor dem BSG machten sie nun erneut geltend, die Gewährung von Nahrung und Unterhalt in den polnischen Ghettos Drohiczyn und Tomaszow Maszowiecki könne nicht als "Entgelt" angesehen werden.

500.000 Juden wurden allein im Warschauer Ghetto zusammengepfercht.
(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach der nun einheitlichen Rechtsprechung beider Rentensenate des BSG gilt aber auch eine Bezahlung mit Lebensmitteln oder Lebensmittelkarten als "Entgelt", auf die Menge kommt es nicht an. Unerheblich sei auch, ob der Lohn direkt an den Arbeitnehmer selbst oder über den in mehreren Ghettos gebildeten "Judenrat" ausgezahlt wurde. Auch eine Arbeitspflicht im Ghetto steht den Rentenzahlungen nicht entgegen, sofern nicht eine bestimmte Stelle zugewiesen wurde.

Zur Begründung erklärte der 5. Senat, eine enge Anwendung der Maßstäbe des deutschen Rentenrechts werde "den tatsächlichen Lebensverhältnissen in den Ghettos nicht gerecht" und sei vom Gesetzgeber wohl auch nicht gewollt.
Urteil begrüßt

Die jüdische Claims Conference hatte bereits am Dienstag die neue Rechtsprechung begrüßt. Die Kasseler Urteile entsprächen "dem Geist des Gesetzes und verschaffen vielen Holocaust-Überlebenden ein Stück weit Gerechtigkeit", erklärte die Claims Conference in Frankfurt am Main.

AFP
http://www.n-tv.de/politik/Ghetto-Renten-bestaetigt-article319180.html
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New PostErstellt: 03.06.09, 19:07  Betreff: Re: WIEDERGUTMACHUNG: NS-Opfer bekommen Rente für Arbeit im Ghetto  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Inland
"Ein Stück weit Gerechtigkeit" für Ghetto-Arbeiter
5. BSG-Senat bestätigt Rechtssprechung
"Ein Stück weit Gerechtigkeit" für Ghetto-Arbeiter

Das Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel hat nun endgültig den Weg für eine Anerkennung von Ghetto-Arbeit bei der Rentenversicherung freigemacht. Der 5. BSG-Senat schloss sich der entsprechenden Rechtsprechung des 13. Senats vom Dienstag an. Danach können die meisten der bisher 70.000 Antragsteller Rentenzahlungen beanspruchen. Die Kosten werden auf gut eine Milliarde Euro geschätzt.

Das Gebäude des Bundessozialgerichts in Kassel (Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Das Bundessozialgerichts erleichtert den Zugang zu "Ghetto-Renten". ]
Nach dem Ghetto-Renten-Gesetz aus dem Jahr 2002 können Juden Beitragszeiten zur Rentenversicherung geltend machen, die unter deutscher NS-Besatzung in einem Ghetto gearbeitet haben. Voraussetzung ist, dass sie "aus eigenem Willensentschluss" und "gegen Entgelt" tätig waren. Dadurch sollte die Ghetto-Arbeit von der gesondert entschädigten Zwangsarbeit abgegrenzt werden. Die Rententräger hatten die Voraussetzungen jedoch meist als nicht erfüllt angesehen und über 90 Prozent der Anträge abgelehnt.

Vor dem BSG machten sie erneut geltend, die Gewährung von Nahrung und Unterhalt in den polnischen Ghettos Drohiczyn und Tomaszow Maszowiecki könne nicht als "Entgelt" angesehen werden.
Nahrung und Unterhalt gilt als "Entgelt"

Nach der nun einheitlichen Rechtsprechung beider Rentensenate des BSG gilt aber auch eine Bezahlung mit Lebensmitteln oder Lebensmittelkarten als "Entgelt", auf die Menge kommt es nicht an. Unerheblich sei auch, ob der Lohn direkt an den Arbeitnehmer selbst oder über den in mehreren Ghettos gebildeten "Judenrat" ausgezahlt wurde. Auch eine Arbeitspflicht im Ghetto steht den Rentenzahlungen nicht entgegen, sofern nicht eine bestimmte Stelle zugewiesen wurde.
"Ein Stück weit Gerechtigkeit"

Zur Begründung erklärte der 5. Senat, eine enge Anwendung der Maßstäbe des deutschen Rentenrechts werde "den tatsächlichen Lebensverhältnissen in den Ghettos nicht gerecht" und sei vom Gesetzgeber wohl auch nicht gewollt.

Juden und SS-Soldaten im Warschauer Ghetto (Foto: picture-alliance / dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Mit erhobenen Händen werden im Mai 1943 jüdische Frauen, Männer und Kinder von deutschen SS-Soldaten aus dem brennenden Ghetto in Warschau getrieben. ]
Die jüdische Claims Conference hatte bereits am Dienstag die neue Rechtsprechung begrüßt. Die Kasseler Urteile entsprächen "dem Geist des Gesetzes und verschaffen vielen Holocaust-Überlebenden ein Stück weit Gerechtigkeit", erklärte die Claims Conference in Frankfurt am Main.

Geklagt hatten zwei Männer und eine Frau, die heute zwischen 80 und 87 Jahren alt sind. Sie waren während der nationalsozialistischen Besatzungszeit in Ghettos in Polen und Weißrussland als Elektromechaniker bei der Wehrmachtspost, in einer Lederfabrik und den "Reichswerken Hermann Göring", damals einem der größten deutschen Konzerne, beschäftigt. Dafür bekamen sie Essen, Lebensmittel oder Coupons, manchmal auch etwas Bargeld.

(Az: B 5 R 26/08 R und 66/08 R)

* InternGericht erleichtert Zugang zu "Ghetto-Renten" (02.06.09).
* VideoBundessozialgericht fällt Grundsatzurteile [A. Pollmann, HR].

*
Weltatlas
Weltatlas: Deutschland
[Flash|HTML] .

Stand: 03.06.2009 14:23 Uhr
http://www.tagesschau.de/inland/ghettoarbeit102.html
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