Seblon
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Erstellt: 05.02.07, 20:38 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit? |
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Nachdem ich nun Meister Atami beendet hatte, der mir ein wenig zu sehr ein flacher asiatischer Harry Potter war, habe ich nun mit Philip José Farmers Die Liebenden begonnen, für den er 1952 den HUGO-Award bekam.
Obwohl ich erst bei Kapitel 5 bin, muss ich doch sagen, wie sehr mich bereits die detailreiche Tiefe und Relevanz der Geschichte begeistert. Die Novelle führt uns ins Jahr 3050 auf eine übervölkerte Erde, in der sich mehr oder minder totalitäre Regimes feindlich gegenüberstehen. Der Held lebt in den ehemaligen USA, die seit 300 Jahren von einem klerikal-faschistischen System beherrscht werden, dass eine Mischung aus den Taliban und Orwells Big Brother darstellt. Jedes noch so private Tun ist strikt reglementiert und jeder denunziert jeden, um den Segen des Propheten und seiner Kleriker zu bekommen. Der Protagonist wird als einer der ersten auserwählt, Kontakt zu einer ausserirdischen Zivilisation aufzunehmen, wobei er sich in eines der Aliens verliebt und sich damit mehr und mehr zum Ketzer macht.
Farmers Welt strotzt von das System spiegelnden klerikalen Neologismen und erinnert dabei ein wenig an Herberts Dune. Darüber hinaus steht die Novelle in der Tradition hervorragender Dystopien, wie Bradburys Fahrenheit 451, Orwells 1984 oder Brave new World.
Bei der Lektüre solcher Romane merke ich doch immer, wie sehr ich die kritische Intellektualität der Science Fiction bei 99% der Romane vermisse, die unter dem Label "Fantasy" erscheinen. Ich frage mich tatsächlich, warum es so wenige Fantasy-Romane zu geben scheint, die eine ähnliche gesellschaftlich relevante Reflexion der Welt betreiben… Muss "Fantasy" fast zwangsläufig Eskapismus bedeuten?
Es grüßt
Actibus aut verbis noli tu adsuescere pravis.
[editiert: 05.02.07, 20:38 von Seblon]
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