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Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten
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Gast
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Erstellt: 12.02.06, 03:02 Betreff: Re: Präanarchie? |
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Hui, da gab es viele (tlw. sehr lustige) interkulturele Missverständnisse - über diese jetzt zu streiten erübrigt sich da wir hier einander nicht nachvollziehen können ohne die Lebensrealität des anderen erfahren zu haben. (Kleine Nebenbemerkung: wo ich herkomme gibt es kein Wort das mit "Ich" übersetzt werden kann; Teilaspekte andere Worte erfüllen zwar viele Funktionen des Wortes "Ich" - aber hinter dem Wort steckt schon eine Menge Weltanschauung; ich finde es interessant (und löblich), dass dieses Phänomen dich im Unterschied zu anderen Europäern nicht abschreckt)
Aber du missverstehst mich an manchen Stellen einfach (was wohl aber mein Fehler war - entschuldige bitte). Natürlich bin ich für eine weltweite Herrschaftlosigkeit (Freiheit besitzt leider eine zu weitgesteckte Semantik - ich bin dagegen das Faustrecht (eine pervertierte Form von Freiheit - es ist eben keine herrschaftslose Freiheit dann mehr) nachgegeben wird).; ich hab auch nichts dagegen "die Ketten zu sprengen" (ein herrliches Bild nebenbei - bei uns heißt es sinngemäß wegen anderer Zeitvorstellung "die verstorbenen Ahnen zu töten"). Bloß wo geschieht das momentan - wann willst du damit anfangen (alles jetzt sehr praktische Fragen) - nächsten Samstag? Also was hindert dich "die Ketten zu sprengen"? Vielleicht weil man sich in seinen Ketten noch nicht bewegt hat? Weil noch nicht weis, welche Bewegungen möglich sind und welche nicht? Mit welchen Bewegungen die Ketten zu brechen sind und welche vorherigen Bewegungsabläufe dafür notwendig sind? UNd wenn du (du allein, braucht es keine Netzwerke - herrschaftsfrei und gleich - damit es vielen zusammen leichter fällt als allen einzeln) die bestehende Ordnung gestürmt hast - welche Garantie hast du, dass eine bessere Form des Zusammenlebens emaniert ohne dass vorher damit begrenzte Erfahrungen gesammelt worden sind? Deine Anarchismusvorstellungen scheinen von zwei "religiösen" (bitte wertneutral dieses Wort sehen - es geht darum dass diese Betrachtungsweisen als erstes in religiösen Kontexten konstruiert wurden; was nicht heißt dass sie unbedingt falsch sind; auch die Kugelgestalt der Erde wurde als erstes rein religiös hergeleitet) Traditionen geprägt zu sein: Holismus und Chiliasmus. Der Holismus setzt eine einheitliches Weltganzes vorraus, in dem es Gegensätzlichkeiten aber keine Widersprüche und Lücken gibt (Parmenides ist vielleicht der europ. Reflexionsoberholist) - die menschliche Wahrnehmungstechnicken legen zwar sowas nahe, aber das ist weder ein Beweis (aber selbst wenn es bewiesen wäre, kann man ja daraus nicht auf Sollenszustände schließen). Der Chiliasmus spricht vom "Gottesreich auf Erden" (bzw. die klassenlose Gesellschaft oder das tausendjährige Reich), das soz. entweder notwendigerweise kommt (deterministischer Chiliasmus im Judentum, Christentum, Marxismus, die Schwärmer, Thomas Müntzer, weite Teile des andalusischen (nicht des Katalanisch-Aragonesischens) Anarchismus) oder als Idealtypus besteht und annäherungsweise verwirklichbar ist ( klassischer Anarchismus, Neue Linke...; Islam; technokratischer Szientismus). Auch der Chiliasmus hat durchaus positive Aspekte, ist aber nicht denk- und handelsnotwendig. Nun denke (und handle und schreibe/spreche) ich in anderen Diskurstraditionen (ohne lineare Zeitvorstellungen geht man z.B. Zwangsläufig davon aus, dass z.B. ein anarchistes Weltarrangement nach einiger Zeit leider wieder durch anderes ersetz werden würdenund aufs neue man sich für das anarchische Arrangement (in neuem Umfeld - ansonsten wäre man einfach reaktionär) engagieren sollte. Ein Fehler vieler Anarchisten (ich meine nicht dich) war, dass sie dasaßen und auf den Tag warteten an dem die "Anarchie ausbricht" - oder dass sie gehemmt waren etwas zu machen, weil sie ja gar nicht alles durchset zen konnten, was sie wollten. Zurück zur Armee - natürlich hast du recht man kann sich niemals in der Welt komplett aus dem Kreis der Herrschaft entfernen (selbst in einem Herrschaftlosen Zustand edroht einem die "Phantomherrschaft" - also die Erinnerung und Elemente im Denken der alten Herrschaft und die Bedrohung zukünftiger Herrschaften und dem im Auge behalten ihrer möglichen Ursachen). Um es Menegentheoretisch Auszudrücken: es gibt eine kleine Menge "weltweites anarchistisches Arrangement", die komplett Teilmenge der wesentlich größeren Menge "Anarchoide Lebensmöglichketien" ist, letztere hat einen haufen Schnittmengen mit anderen Mengen (z.B. Gesellschaftformen mit zentripedalen Recht - die sind zwar nicht anarchistisch, haben aber keine Möglichkeit ihr Recht institutional druchzusetzen) - es kann sein (erfahrungsgemäß ist es sogar sehr wahrscheinlich) das eine sehr kleine Schnittmenge von "Anarchoide Lebensmöglichkeiten" mit einer Menge X besteht, aber diese Menge X ein Element enthält dass Armee heißt. Das bedeutet, dass diese Schnittmenge (also eine weitere Teilmenge von "Anarchoide Lebensmöglichkeiten") Y trotz Armee verwirklichbar ist (aber nicht "Anarchoide Lebensmöglichkeiten minus Y). Nutzt man Y in X ( erfüllt spricht hier der Mengentheoretiker), so kann X später dann (hoffentlich) fallen (inklusive Armee, die ja kein Bestandteil von Y ist), aber Y dient als Ankerpunkt um " Anarchoide Lebensräume" weiter zu verwirklichen. (Nun zum Idealfall - der kann natürlich auch revolutionär durchgesetzt werden - das wirft aber häufig mehr Probleme auf als es löst Wenn alle Element von "Anarchoide Lebenräume" (eigtl reicht wenn alle Element von Anarchistisches Arrangement" da sind) erfüllt sind und man Mengen die durch Schnittmengen mit der Menge verbunden sind, keine Elemente außerhalb der Schnittmenge mehr erüllen lassen kann - dann ist es zur "Anarchie nicht mehr weit" (genauer gesagt gibt es dann einen sehr großen Potenzraum von verschiedenen Anarchien, die aber einander nicht auschließen (das mit der Mengentheorie war jetzt nur ein Bild - nicht zu wörtlich nehmen).
P.S. Fuzzy Logic ist etwas komplett anderes als die Ablehnung von tertium-non-datur-Sätzen (von einer unbegrenzten Zahl alternativen Logiken ist fuzzy logic nur eine, noch dazu ziemlich banale und aussagenschwache)
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