von George W. Bush, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz, Colin Powell, John McCain, George Robertson, Tony Blair, Silvio Berlusconi, Gerhard Schröder, Rudolf Scharping, Rudolph Giuliani, Tommy Franks...
US-Präsident Bush am 21.11.2001 vor Soldaten und ihren Angehörigen in Fort Campbell, Kentucky: Wir werden das Böse in den kommenden Jahren in der ganzen Welt bekämpfen, und wir werden siegen.
New Yorks Bürgermeister Rudolph Giuliani in einem Interview des 'Spiegel' vom 7.10.2002, S. 120 ff "Wenn sie diesen Bin Laden kriegen, wäre ich gern derjenige, der ihn tötet."
Im übrigen haben der "wiedergeborene Christ" George W. Bush und sein beflissen devoter Methodistenpfaffe Tony Blair sehr wohl und sehr bewußt religiösen Fanatismus - und nicht bloß durch solche Pamphlete wie: "Die Achse des Bösen" und "Kreuzzug", - hineingebracht! Irgendwo hier im Forum hab ich auch das dokumentiert.
Außerdem erinnere ich an entsprechende Hetz-Sabbeleien bundesdeutscher Bischöfe, hab jetzt nur keine Zeit, die entsprechenden Zitate rauszusuchen.
Religion ist Opium für's Volk - das gilt heute wie damals! Damals wie heute werden mit dieser spirituellen Droge die Menschen verblödet und gefügig gemacht - auch für Kriege!
Erstellt: 17.02.06, 14:01 Betreff: Re: Mörder und Gangster hetzen gegen den Iran zum Krieg!druckenweiterempfehlen
Hallo bjk,
das auch religiöse Fanatismen eine Rolle bei westlichen Poltitikern eine Rolle spielen, geschenkt. Aber ich glaube, dass in erster Linie wieder der schnöde Mammon zählt. Eine Gefahr von religiösen Fanatikern geht nunmal zuvörderst vom Islam aus. Inzwischen sind schon viele Journalisten und auch Komiker so eingeschüchtert, dass sie sich nicht mehr trauen sich kritisch mit der Religion auseinandertzusetzen. Ich halte nichts von dem Motto der Feind (Islamisten) unsers Feindes (Bush, Blair und Co.) sind unsere Freunde. Relegion ist Opium fürs Volk, wie Recht Karl Marx hatte. Das heißt nicht, dass religiöse Themen einfach Blödsinn sind, dass soll jeder halten wie er möchte. Aber wer auf Glaubensfreiheit setzt, muß auch Kritik, ja beißende Kritik einstecken können. Das gilt für Chrsiten, Juden aber eben auch für Muslime. Mir geht es nur darum, beide Seiten zu nennen. Ich mag weder Bush, noch seinen iranischen Amtskollegen mit dem schwierigen Namen.
Erstellt: 18.02.06, 13:59 Betreff: Re: Mörder und Gangster hetzen gegen den Iran zum Krieg!druckenweiterempfehlen
Zitat: Horch
[...] dass in erster Linie wieder der schnöde Mammon zählt.
Hallo Horch, sind nicht seit jeher Kirche und schnöder Mammon ein und dieselbe Medaille?
Zitat: Horch
Eine Gefahr von religiösen Fanatikern geht nunmal zuvörderst vom Islam aus.
hmm, ist Deine Festlegung nicht ein bißchen gar zu simpel und hast Du den irischen Religionsterror schon vergessen? Von den mörderischen Missionierungen des Christentums in den eroberten Kolonien ganz zu schweigen! Waffen werden noch heute gesegnet - und und und!
Du verwechselst Ursache mit Wirkung, nicht Islamisten haben Europa und die USA überfallen und unterdrückt sondern umgekehrt! Gewalt ist das Markenzeichen der USA - von Gründung an!
Zitat: Horch
Inzwischen sind schon viele Journalisten und auch Komiker so eingeschüchtert, dass sie sich nicht mehr trauen sich kritisch mit der Religion auseinandertzusetzen.
Schon mal daran gedacht, daß die vermeintliche Einschüchterung von Journalisten und anderen Komikern in Wahrheit bei den allermeisten Beschämung über die gezielte Provokation aus der fundamental-christlich konservativen rechten Ecke und deshalb ganz bewußte Besonnenheit und Vernunft sein könnten?
Zitat: Horch
Aber wer auf Glaubensfreiheit setzt, muß auch Kritik, ja beißende Kritik einstecken können. Das gilt für Chrsiten, Juden aber eben auch für Muslime. Mir geht es nur darum, beide Seiten zu nennen. Ich mag weder Bush, noch seinen iranischen Amtskollegen mit dem schwierigen Namen.
Da sind wir durchaus einer Meinung! - Aber bedenke, zündelnde Fundamentalisten, christliche wie islamische, halten nix von Glaubensfreiheit. Keine monotheistische Religion tut das! Wenn westliche Medien und christliche Politiker jetzt aufjaulen und von Pressefreiheit lamentieren, ist das pure Heuchelei. Im übrigen sind wir noch weit entfernt von wirklicher Glaubensfreiheit und echter Säkularisation. Und wenn ich richtig informiert bin, hat das Miteinander verschiedenster Religionen im Islam immer solange auskömmlich funktioniert, bis christliche Eroberer mit Mord und Terror zwecks Land- und Ressourcenraub eingefallen sind.
Der Karikaturenstreit, die Mohammedaner und der Trittbrettbischof von Augsburg. Ein dringend notwendiges Schlusswort zu einer leidigen Affäre
Gestern jährte sich zum 150. Mal der Todestag Heinrich Heines. Diesen Satz hätte er auch gestern sagen können: "Religion und Heuchelei sind Zwillingsschwestern, und beide sehen sich so ähnlich, dass sie zuweilen nicht voneinander zu unterscheiden sind."
Hilfe, die Religiösen sind los! Im so genannten Karikaturenstreit um die schlechten Witzbildchen aus Dänemark geifern sie um die Wette und geben die Opfer. Als hätte eine verschworene Koalition von Gottlosen sie mindestens seit Heines Tod hierzulande nicht zu Wort kommen lassen, moppern sie rum, blähen sich auf und beanspruchen Redezeit. Immer häufiger schicken auch die christlichen Kirchen jetzt ihre Chefideologen zum Lärmen in die Öffentlichkeit. Die islamische Konkurrenz ist groß, und jetzt gilt es, dagegen zu halten. "Alle mal herhören: Auch unsere religiösen Gefühle werden ständig verletzt! Auch unsere Stimmen werden nicht gehört! Auch wir sind beleidigt und gekränkt!"
Einer der letzten Heuchler, der seinen Neid auf den derzeitigen Branchenführer Islam nicht verheimlichen konnte, ist der Bischof von Augsburg, Walter Mixa. Trittbrettfahrer Mixa forderte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 12. Februar die Christen dazu auf, ihren Glauben mutiger zu vertreten. Als hätte ausgerechnet seine Glaubensgemeinschaft in jüngster Vergangenheit nicht jede Gelegenheit zur Verfügung gestellt bekommen, sich in diesem Land nach Lust und Laune und auf allen Kanälen gleichzeitig auszutoben; als sei die "Wir sind Papst"-Besoffenheit nicht mutig bis ins Kulturkampfblatt Bild vorgelaufen; als hätte es das Kölner Weltjugend-Woodstock mit seiner Heiligkeit Benedikt XVI. nie gegeben, beklagt der Verschwörungspraktiker Mixa, die Christen seien zu stumm geworden und hätten einen Hang zur Selbstverachtung entwickelt.
Es wäre naiv, das bischöfliche Gejammer der verschrobenen Wahrnehmung eines weltfremden Klerikers zuzuschreiben. Schließlich empfiehlt der in der Rolle des Stellvertreters aller Verfolgten auftretende Mixa seinen ihm zu friedlichen Lämmern, sich an den Protesten der Muslime ein Beispiel zu nehmen. Vom Islam lernen heißt siegen lernen. Die gewaltsamen Reaktionen auf die Karikaturen seien zwar nicht zu billigen, der Vorfall sei aber durchaus als geeigneter Anlass zu nehmen, den christlichen Glauben selbstbewusster zu vertreten.
Allüberall wittert der Bischof Respektverlust. Hinter jeder Ecke sieht er das Gespenst der Verunglimpfung religiöser Empfindungen auftauchen. Doch der Mann hat nicht Einbildung im Endstadium, er macht einfach nur seine Arbeit. Dabei bedient sich der Traditionalist ganz selbstbewusst guter, alter katholischer Methoden und stänkert schrecklich mutig gegen die Aufklärung. Die Aufklärung an sich gehöre mal wieder aufgeklärt. Aufklärung sei nur dann eine, wenn sie "Respekt vor absolut geltenden Prinzipien" habe. Welches oberste Prinzip gemeint ist, steht ganz am Anfang des bischöflichen Aufklärungs-Aufsatzes: "Der Mensch ist … ein religiöses Wesen."
Ich weise höflich darauf hin, dass nichtreligiöse Menschen diese absolute Behauptung als respektlose Einmischung in ihre Privatangelegenheiten betrachten könnten. Am konfessionsübergreifenden inflationären Gejammer über die "verletzten Gefühle" will ich mich nicht beteiligen. Dieses Privileg überlasse ich gern exklusiv dem Herrn Bischof und seinen Gleichgesinnten. Mir wäre schon damit gedient, wenn die Allianz der Beleidigten auf der Achse Teheran, Damaskus, Augsburg ihre schamlosen Angriffe auf den Verstand unterließen.
Was der kluge und gar nicht gottlose Heinrich Heine zu diesem Thema gesagt hat, wurde eingangs zitiert. Heine starb 1856. Im selben Jahr wurde George Bernard Shaw geboren. Auch er kein dummer Mann: "Jeder vernünftige Verstand beginnt mit einem lebensbejahenden Atheismus. Er befreit die Seele von Aberglauben, Schrecken, Duckmäusertum, gemeiner Willfährigkeit und Heuchelei und schafft Raum für das Licht des Himmels." Besser kann man es zum Abschluss dieser Affäre kaum sagen. FRITZ ECKENGA
taz vom 18.2.2006, S. 24, 149 Z. (TAZ-Bericht), FRITZ ECKENGA
Erstellt: 07.03.06, 10:21 Betreff: Re: Mörder und Gangster hetzen gegen den Iran zum Krieg!druckenweiterempfehlen
Rundmail vom Gegeninformationsbüro (GIB]
(1) Krieg und Besatzung im Irak
Veranstaltung mit einer Referentin der Irakischen Kulturgesellschaft Donnerstag | 9. März | 20 Uhr | A6-Laden Adalbertstraße 6 | Kreuzberg (2) Die Apartheidsmauer in Palästina
Veranstaltung mit Karin Steinbrinker vom deutsch-palästinensischen Frauenverein aus Hamburg
Die Referentin wird über die Besatzung im Irak und den Widerstand dagegen berichten. Außerdem wird der Film „La strage nascosta / the hidden massacre“ von Sigfrido Ranucci gezeigt. Der Film über den Einsatz von weißem Phosphor in Falludscha wurde im italienischen Fernsehen gezeigt. Im Herbst 2005 wurde durch britische und italienische Medienberichte bekannt, dass die US-Truppen in Falludscha die Chemiewaffe weißer Phosphor gegen Bewohner der Stadt eingesetzt haben. Derartige Verwendung ist, gemäß gültiger Chemiewaffenkonvention, ausschließlich zum Zweck der Beleuchtung nächtlicher Kampfgebiete und zur Erzeugung von Rauch gestattet. Die Verwendung als Waffe gegen Menschen ist jedoch ausdrücklich verboten. Journalisten berichten über die Schwierigkeiten der Berichterstattung im Kriegsgebiet. Es äußern sich Kriegsveteranen zu dem Vorgehen der US-Armee im Irak.
Gegeninformationsbüro / Gruppe Internationale Solidarität Berlin
(2) Die Apartheidsmauer in Palästina
Veranstaltung mit Karin Steinbrinker vom deutsch-palästinensischen Frauenverein aus Hamburg
Der israelische Mauerbau bedeutet für die PalästinenserInnen den Verlust weiteren Landes, die Isolierung von zahlreichen Gemeinden und die Zerstörung ihrer Felder und Häuser. Die Mauer um Jerusalem wird die palästinensischen BewohnerInnen völlig von der Westbank abschneiden, genauso wie umgekehrt Städte und Dörfer von Jerusalem getrennt werden. Diese Sperranlage wird zu Recht „Apartheidmauer“ genannt, da sie palästinensische Enklaven schafft, die an die ehemaligen Bantustans in Südafrika erinnern. Sie bringt bereits jetzt eine unerträgliche Verschärfung der Lebensbedingungen für die palästinensische Bevölkerung mit sich. Familien und Gemeinschaften werden auseinander gerissen und Tausenden PalästinenserInnen wird die Möglichkeit eines Zugangs zu sozialen Dienstleistungen, zu Schulen und vor allem zu ihren eigenen Ländereien genommen. Die Stadt Qalqiliya, zum Beispiel, ist von einer acht Meter hohen Mauer umschlossen und besitzt nur einen Ein- und Ausgang, der von der israelischen Armee kontrolliert wird. Mit dem Mauerbau verfolgt Israel die Strategie sich damit fast 50 Prozent der besetzten palästinensischen Westbank, fruchtbares Land und Wasserressourcen, anzueignen. Mit dem Mauerbau werden israelische Siedlungen in der Westbank verewigt. Die Apartheidsmauer ist neben den Checkpoints, den unzähligen Straßenblockaden, den Ausgangssperren, der Folter und der Haft ohne Gerichtsverfahren ein weiteres Mittel zur Unterdrückung der PalästinenserInnen, und zur Vertiefung der Besatzung.
Gegeninformationsbüro / Gruppe Internationale Solidarität Berlin
Kontaktadresse:
Gegeninformationsbüro Kohlfurter Straße 40 10999 Berlin
Erstellt: 09.03.06, 08:46 Betreff: Re: Mörder und Gangster hetzen gegen den Iran zum Krieg!druckenweiterempfehlen
spiegel-online meldet:
Ströbele: USA wollen Krieg
"Die Lage ist düster"
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sieht die Lage im Konflikt über das Atomprogramm des Iran als "düster" an. "Ich habe den Eindruck, die USA wollen einen Krieg gegen den Iran führen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Wie im Vorfeld des Irak-Kriegs seien die Planungen dazu von der Bush-Regierung bereits weit vorangetrieben.
DER UNTERSCHIED ZUM IRAK * Weshalb die Friedensbewegung die Chance hat, eine Aggression gegen den Iran zu verhindern
Atomwaffen - sollte der Iran tatsächlich Derartiges wollen - würden nicht mehr Sicherheit bringen, sondern das regionale Wettrüsten im Mittleren Osten verschärfen. Ein Krieg aber dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit die iranische Führung erst recht dazu veranlassen, den Vertrag über die Nichtweiterverbreitung (Atomwaffensperrvertrag) zu verlassen, um - wie Israel, Indien und Pakistan es vorgemacht haben - in den Besitz von Atombomben zu gelangen. Ungeachtet dessen läuft der Countdown, die EU-Diplomatie hat das Kommando an den UN-Sicherheitsrat - im Klartext an die USA - abgegeben. Jetzt kann und will George Bush handeln: zunächst Sanktionen des Sicherheitsrats, dann Erhöhung der Spannung durch weitere Konflikt-Eskalation, schließlich ein Luftkrieg. Verteidigungsminister Rumsfeld plädiert immer offener, zuletzt auf der Münchener Sicherheitskonferenz, für "eine militärische Option, wenn die diplomatischen Instrumente keine Lösung brächten". Die US-Regierung ist dabei, die Medien darauf einzustimmen, dass Aktionen "gegen den Iran auch ohne die Zustimmung der UN möglich sind". Westliche Staaten haben ihre strategischen Ölreserven deutlich erweitert, die Finanzwelt arbeitet laut "vertraulicher Mitteilungen" (Nr. 3840) eines den deutschen Unternehmen nahe stehenden Magazins, seit Oktober 2005 eifrig Pläne aus, um im Kriegsfall einer Ölleitwährungskrise des Dollar vorzubeugen. Westlichen Zentralbanken wurde dringend empfohlen, schon vor März umfangreiche Dollar-Reserven vorzuhalten, da US-Planungen nahe legen, dass ein Krieg gegen den Iran "im kommenden März erforderlich werden könnte".
Auch die psychologische Kriegsvorbereitung ist in vollem Gange. Dazu gehören - wie vor dem Irak-Krieg - immer neue "Enthüllungen" über geheime Pläne zum Bau von Atombomben oder Vorwürfe, der Iran sei ein "führender staatlicher Sponsor des Terrorismus". Als notorischer Lügner längst stigmatisiert, sitzt Teheran stets auf der Anklagebank, und seine Gegendarstellungen stoßen auf taube Ohren. Besorgnis erregend ist, dass sich dabei auch Deutsche beteiligen. Mit ihrem unsäglichen Vergleich des islamischen Staates mit dem Naziregime und - indirekt - des Präsidenten Ahmadinedschad mit Hitler hat die Bundeskanzlerin auf der Münchener Sicherheitskonferenz eine neue Etappe in der psychologischen Kriegsvorbereitung eingeläutet. Die Parallele zu ähnlichen Hitler-Vergleichen bei Milos?evic´ und Saddam Hussein Wochen vor dem Jugoslawien- beziehungsweise Irak-Krieg ist verblüffend. Angela Merkel geht dabei mit der Wahrheit genau so fahrlässig um, wie Mahmoud Ahmadinedschad mit der Leugnung des Holocaust und seinen antiisraelischen Verbalattacken. Ahmadinedschad mobilisiert die islamische Welt für den Tag X - Merkel trommelt, wissend oder nicht wissend, für einen Angriffskrieg.
Nimmt man Chiracs Atomkriegsdrohung und diverse Erklärungen Blairs dazu, stellt sich folgende Frage: Haben die drei EU-Staaten den US-Kriegsplänen bereits zugestimmt? Setzen sie sich deshalb an die Spitze der psychologischen Kriegsvorbereitung?
Die Indizien für einen bevorstehenden Luftkrieg verdichten sich jedenfalls allmählich zur Gewissheit. Im Unterschied zum Irak ist es der US-Strategie gelungen, nicht nur die EU, sondern auch Russland, China und relevante blockfreie Staaten wie Indien für ein Eskalationskonzept auf ihre Seite zu ziehen. Russland und China wechselten rechtzeitig die Fronten, um wegen möglicher Handelssanktionen gegen den Iran Washington nicht ins Gehege zu kommen. Wird weiter eskaliert, dann könnten die USA - vermutlich im Verbund mit Israel - gegebenenfalls auch ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrates Iran mit Bomben überziehen.
Dazu wären sie militärtechnisch, entgegen einer weit verbreiteten Auffassung, sehr wohl in der Lage. Truppenbewegungen wären in diesem Falle gar nicht nötig. Bodentruppen würden - im Unterschied zum Irak - nicht gebraucht. Alle erforderlichen Militärkapazitäten sind längst um Iran herum platziert. Die USA können von ihren Stützpunkten in Saudi-Arabien und Qatar oder den vor Bahrain ankernden Kriegsschiffen aus oder mit den auf der Insel Diego Garcia im Indischen Ozean stationierten Langstreckenbombern des Typs B-52 oder von ihren Basen im Irak und in Afghanistan aus sämtliche Kriegsziele aus der Luft angreifen.
Die offizielle Kriegsbegründung, Iran müsse auf jeden Fall daran gehindert werden, Atombomben zu bauen, ist unglaubwürdig. Pakistanische Atomwaffen, die längst existieren und leicht in die Hände von Extremisten gelangen könnten, stellen eine ungemein größere Gefahr dar, ohne dass der Westen sie auch nur im Ansatz thematisiert. Einen neuen Krieg, der alle bisherigen seit dem Vietnamkrieg in den Schatten stellen würde, mit der Begründung zu führen, Iran könnte in zehn Jahren Atombomben produzieren, ist noch absurder als die Lüge mit den Massenvernichtungsmitteln, mit denen der Irak-Krieg gerechtfertigt wurde. Mit dem Iran steht für Washington ohnehin wesentlich mehr auf der hegemonialen Tagesordnung als mit dem Irak:
Erstens soll durch die gezielte Zerstörung sämtlicher Atomanlagen an zehn bis fünfzehn Standorten Irans Nuklearprogramm unterbrochen werden, um Israels atomare Vormachtstellung in der Region und die Hegemonialposition der USA dauerhaft unantastbar zu machen.
Zweitens soll der Iran als regionale Mittelmacht und damit als Machtfaktor zerbombt werden. Es muss daher einkalkuliert werden, dass außer den Atomanlagen auch konventionelle Militäreinrichtungen wie Panzerverbände, Flugzeuge, Waffenfabriken - auch in dicht besiedelten Wohngebieten -, Kriegsschiffe, Raketenstützpunkte, strategisch wichtige Brücken und Kasernen, Ziel von Luftangriffen sein werden. In Amerikas großem Plan für den "Großraum Mittlerer Osten" ist ein mächtiger iranischer Staat gänzlich fehl am Platze.
Drittens soll durch einen Krieg ein Chaos ausgelöst werden, das in eine Revolte unzufriedener Iraner und ethnischer Minderheiten führt, um einen Regimewechsel in Teheran herbeizuführen und eine den USA hörige Regierung zu installieren. Zu diesem Zweck wird auch die Zerstörung von Ölraffinerien nicht ausgeschlossen, um Irans Ökonomie und Infrastruktur zu paralysieren. Auszuschließen ist auch keineswegs die Spaltung des Vielvölkerstaates Iran. Sollte ihre Rechnung aufgehen, würden die USA die Öl- und Gasreserven des Mittleren Ostens vollständig kontrollieren. Es würde zudem der iranische Plan zunichte gemacht, durch eine für März geplante Ölbörse den Dollar als Ölleitwährung abzulösen. Immerhin war auch Saddams Politik, irakisches Öl in Euro zu verkaufen, ein entscheidender Grund, um ihn durch eine Invasion zu stürzen.
Viertens soll ein Präzedenzfall für eine Neuinterpretation des Atomwaffensperrvertrages geschaffen werden, um unter anderem die Anreicherung von Uran ausschließlich als Privileg der fünf legalen Atommächte festzuschreiben. Dadurch wären allen anderen Staaten, vor allem den Schwellenländern, die Hände gebunden, einen eigenständigen nuklearen Brennstoffkreislauf aufzubauen. Sie wären stattdessen gezwungen, sich in die Abhängigkeit der Atommächte - besonders der USA - zu begeben, die gerade dabei sind, neue Generationen von kleinen Atommeilern für die Nach-Öl-Ära zu entwickeln und weltweit als strategische Alternative zu den erneuerbaren Energien durchzusetzen. Dezentral einsetzbare erneuerbare Energien würden hingegen sämtliche für die Hegemonie nötigen Abhängigkeiten überflüssig machen.
Die hier aufgelisteten, für eine globale Hegemonie der USA substanziellen Interessen erklären vieles. Der Iran ist nach Afghanistan und Irak das letzte Hindernis auf dem Weg zu einem US-Großraum Mittlerer Osten. Ginge es allein nach dem Willen der US-Neokonservativen, würde man auch vor einem Flächenbrand nicht zurückschrecken. Radikale Schiiten im Irak würden aller Wahrscheinlichkeit nach für Iran Partei ergreifen und arabische Staaten, die wie Saudi Arabien sunnitisch sind, sich auf die Seite irakischer Sunniten schlagen. Ein erneuter Bürgerkrieg im Libanon wäre nicht mehr ausgeschlossen. Auch Syrien, das im Nahen Osten nach Israel die zweitstärkste Armee besitzt und mit Iran einen Militärpakt geschlossen hat, würde in die Kampfhandlungen hineingezogen. Damit hätte ein Krieg gegen den Iran fatale Konsequenzen, nicht nur für die Völker im Mittleren und Nahen Osten sowie für die Existenz Israels, sondern auch für Europa, für die weitere Ausbreitung des Terrorismus und für den Weltfrieden. Gerade deshalb braucht Bush diesmal - im Unterschied zum Irak-Krieg - einen breiten Konsens und die moralische Legitimation der EU. Auf diesen Konsens hat Washington seit anderthalb Jahren systematisch und meisterhaft hingearbeitet.
Das EU-Trio war selbst dumm genug, sich mit der Akzeptanz der amerikanischen Drohkulisse - entweder ihr befolgt unsere Forderungen oder euch droht ein Krieg - in den Würgegriff der amerikanischen Iran-Pläne zu begeben. Mit ihrem so genannten Kompromissangebot vom 5. August 2005 an Teheran musste die EU scheitern, weil es für die andere Seite nichts Substanzielles enthielt. Stattdessen wurden dem Iran - durchaus vergleichbar mit dem Rambouillet-Diktat von 1999 gegen Jugoslawien - gravierende Zugeständnisse wie der dauerhafte Verzicht auf die Anreicherung von Uran oder auf einen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag abverlangt. Europa handelte als nützlicher Idiot, wie es sich die Falken in der US-Regierung ausgedacht hatten. Bereits im Januar 2005 enthüllte Seymour Hersh die Taktik der USA: Sie würden zur Tat schreiten, "sobald die EU mit ihrer Diplomatie scheitert" - und die ist in der Tat schön längst gescheitert. Bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz jüngst in Washington war sich Angela Merkel hundertprozentig mit Präsident Bush einig, Irans Atomprogramm zu verhindern, wobei der US-Präsident - ohne dass sich Merkel davon distanzierte - die Kriegsoption nicht ausschloss.
Die inzwischen zusammen gebastelte "moralische" Kriegsallianz ist eine Stärke, aber auch eine Schwäche von Bushs Kriegsstrategie. Gelänge es der deutschen Friedensbewegung, Merkel schon jetzt auf ein unmissverständliches "auf keinen Fall Krieg" festzulegen, würde die "moralische" Front abbröckeln und Bushs Kriegsplan wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Genau hier liegt die Chance der Friedensbewegung, im Unterschied zum Irak einen Iran-Krieg tatsächlich noch zu verhindern.
Seit der Besatzung wurden im Irak bislang mehr als 250 Professoren ermordet. Die neueste Aktualisierung dieser Todesliste erfolgte am 16.Feb.2006 Über den Internationalen Gerichtshof in Brüssel wurde inzwischen eine weltweite Kampagne zur Verhinderung weiterer Verbrechen diesr Art und der Unterstützung eingeleitet. Zu dem ErstunterzeichnerInnen gehören "gute Bekannte", wie Chomsky oder Negri, Naomi Klein und Herold Pinter ( Liste und Kontakte, Artikelende )
DIE MORDE
Betroffen sind Universitäten und andere akademische Einrichtungen; Professoren unterschiedlichen Alters und differenzierenden Fachgebieten und politischen und religiösen Positionen
Die Mörder sind Professionelle. Bislang wurde noch kein einziger Fall einer Verhaftung bekannt
Die Morde geschehen an allen möglichen Orten: Auf der Landstrasse, am Arbeitsort und auch zu Hause
Niemand hat bisher die Verantwortung für sie übernommen oder sich zu ihnen bekannt, so dass die Gründe unklar sind
Die Morde werden mit Schusswaffen verübt; manche der Opfer waren von drei Kugeln getroffen worden, andere von dreissig
Laut offiziellen Informationen beläuft die Zahl der Mordopfersich allein an der Universidad von Bagdad, auf 80 Personen
Die Menschen haben Angst, nach den Detaills dieser Verbrechen zu fragen
Einzelheiten und Daten über diese Morde können bei den Rektoren der Universitäten von Bagdad, Al Mustansiriya, Basora, Kufa, Mosul etc. in Erfahrung gebracht werden...
Das Pentagon hat 3 Millionen Dollar in die Schaffung der "Todesschwadrone" investiert, die möglicherweise hinter den Professorenmorden stehen Dirk Adriaensens
" Diese Situation spiegelt die Besatzung insgesamt wieder: Eine Katastrophe unglaublichen Ausmasses, sie sich in ausnahmslos kriminellem Klima ausbreitet. Laut der Internationalen Organisation für Menschenrechte sind die Vereingten Staaten als Besatzungsmacht, die Hauptverantwortlichen für die Sicherheit der irakischen Einwohner, inklusive derer von ProfessorInnen und DozentInnen". Die Liquidierung von mehr als 250 Dozenten und das Verschwinden einiger weiterer hundert, sind ein wenig bekannter Aspekt der Tragödie der Zerstörung des Irak. Mit den Tausenden von Professoren, die aus Furcht um ihr Leben aus dem Land fliehen, erleidet der Irak nicht nur einen erheblichen Verlust seiner akademischen Spitze, sondern auch die Klasse der professionellen Laien, die verweigert, sich im Sinne der Besatzung instrumentalisieren zu lassen, wird dezimiert, mit allen durchschaubaren Konsequenzen für die Zukunft des Landes. Bereits im July 2004 schrieb der veterane Korrespondent Robert Fisk: " Das Personal der Universitäten hat den Verdacht, dass seit die us-amerikanische Armee Bagdad betreten hat, eine Kampagne existiert, mit der dem Irak seine Professoren entzogen werden sollen, um die Zerstörung der kulturellen Idendität des Landes zu vervollständigen."
Die Mordwelle tritt weder parteiisch, noch geheim in Erscheinung; sie zielt sowohl auf Männer, wie Frauen und breitet sich über das gesamte Land aus. Sie macht keine Unterschiede bezüglich der Fachgebiete: Unter den Ermordeten sind SpezialistInnen für Geographie, Geschichte, arabische Literatur, genauso wie WissenschaftlerInnen. Laut der UN sind bereits 84% der höheren Bildungseinrichtungen des Irak verbrannt, geplündert oder zerstört. Das irakische Bildungssystem war eines der besten der Zone; eine der wichtigsten Errungenschaften des Landes, war die gute Bildung seiner Bevölkerung.
WER SIND DIE MÖRDER ?
Die Morde scheinen systemathisch und sehr gut vorbereitet. Wie vorherige Informationen ergeben, wurden einige der Taten anscheinend von der irakischen Polizei verübt, andere von den Bdr-Brigarden. Aber auch im Norden, der unter der Kontrolle kurdischer Pershmergas steht, fanden Liquidierungen staat. Diese kurdischen Milizen wurden von den Besatzungkräften ausgebildet und werden von ihnen finanziert. 3000 Dollar inverstierte das Pentagon 2004 in die Schaffung von Milizen und Todeschwadronen. Mit Sicherheit lernte der Erste Botschafter der USA im besetzen Irak, Negroponte, in Ecuador seine Arbeit so gut zu erledigen, bevor er in den Irak ernannt wurde. Dorthin hat er seine Methoden der systematischen Liquidierung übertragen, die während der schmutzigen Kriege in Zentral- und Süd Amerika in den 70er und 80er Jahren verübt worden sind. Viele lateinamerikanische Söldner, die zu den Todesschwadronen in Chile, Nicaragua, El Salvador, etc. gehörten, wurden später von privaten Unternehmen rekrutiert und operieren heute im Irak. Organisationen wie die Badr-Brigarden, die Brigarde-Lobo, die Pershmergas und ausländische Söldner, haben die Demontage der regulären irakischen Armee ersetzt und können die Verantwortlichen für viele der stattfindenden rechtswidrigen Morde sein. Ihr Erscheinen auf der irakischen Szene geschieht unter Rückendeckung us-amerikanischer Panzer gegen den Irakischen Widerstand. Aber sie sind nicht die einzigen, die in die Professorenmorde verwickelt sind. Laut Osama Abel al-Mayid, Präsident der Abteilung für Untersuchung und Entwicklung des irakischen Ministeriums für Höhere Bildung, ist der israelische Geheimdienst Mossad verantwortlich für die fortdauernde Gewalt gegen irakische WissenschaftlerInnen. Das palästinensische Informationszentrum veröffentlichte 2005 eine Informationsschrift, worin der Mossad angeklagt wurde, in Kolaboration mit den Militärkräften der USA, verantwortlich für 530 Morde an irakischen ProfessorInnen und WissenschaftlerInnen innerhalb der letzten sieben Monate zu sein. Unter den Mordopfern befinden sich auch Personen, die zuvor nachweislich gefoltert worden sind. Jder/jede Irakerin, der/ die in Opposition zur Besatzung und ihrer Marijonettenregierung geht, kann zum Ziel dieser Gewalt werden. Nach dem Motto "dämonisieren, um zu kolonialisieren", wurden zudem hochkapazitären Universitätsräften wegen Baatisierung ( was nicht der Realität entsprach ), ihre Titel entzogen.
Das Problem der Professorenmorde hat Priorität erlangt. In seiner Verzweiflung wandte sich das Personal der irakischen Universitäten an den Internationalen Gerichtshof in Brüssel, um gemeinsam mit internationalen Organisationen eine Kampagne zur Untersuchung dieser schrecklichen Ereignisse und zur Rettung der irakischen AkademikerInnen zu initiieren. Die diesbezügliche Petition existiert inzwischen in 12 Sprachen...
MIT DIESER PETITION WOLLEN WIR DAS SCHWEIGEN BRECHEN
Wir rufen alle Organisationen die für die Respektierung oder Verteidigung der Internationalen Menschenrechte arbeiten, dazu auf, diese Verbrechen in ihre Agenden aufzunehmen
Wir fordern eine sofortige, internationale und unabhägige Untersuchung dieser widerrechtlichen Morde und die Aufklärung der Idendität der für sie Verantwortlichen. Wir appellieren an den Sonderberichterstatter über Exekutionen der UN in Genf, in diesem Sinne zu handeln
Wir rufen alle Personen, insbesondere ProfessorInnen und StudentInnen dazu auf, dabei zu helfen, das aktulle Schweigen bezüglich dieser Morde und der Zerstörung der Infrastruktur des Bildungswesens im Irak zu brechen und das Recht und die Hoffnung der ProfessorInnen, auf ein unabhängiges, demokratisches Leben, frei von Besatzung und ausländischer Vorherrschaft im Irak, zu unterstützen
Wir bitten akademische Organisationen und Institutionen dringend, ihre Solidarität mit den irakischen KollegInnen zu erklären
An alle ProfessorInnen richten wir die dringende Bitte, Verbindung zu den irakischen Lehrkörpern aufzunehmen, sowohl im Exil, als innerhalb des Irak und an allen Universitäten der Welt
Studentische Organisationen möchten dringend Verbindungen mit studentischen Organisationen im Irak stabilisieren
Alle Lehrkörper möchten dringend ihr Kollegium und die Bevölkerung dazu mobilisieren, die Rettung des irakischen, intellektuellen Reichtums zu unterstützen und, in berechtigter Beunruhigung, Seminare, Kolloquien und Foren über die problematische Situation der ProfessorInnen im Irak zu organisieren.
Diese Kampagne des Gerichtshofes in Brüssel, wurde eingeleitet in Zusammenarbeit mit der staatlichen Kampagne gegen die Besatzung und für die Souveränität des Irak ( CEOSI ) und wurde unterzeichnet von der portugiesischen und deutschen Sitzung des Internationalen Gerichts bezüglich des Irak; dem schwedischen Antikriegskomitee; dem International Action Center ( USA ); der Internationalen Assoziation für Studien über den Mittleren Orient ( IAMES ), der Deutschen Assoziation für Studien über den Mittleren Orient ( DAVO ) und Europäischen Assoziation für Studien über den Mittleren Orient (ENRAMES ).
Die Autonome Universität Madrid, wird im Ramen des Internationalen Gerichtshofes und in Kooperation mit der CEOSI, im April 2006 ein internationales Seminar zu den Professorenmorden im Irak, beherbergen.
Liste der den Aufruf unterzeichnenden Personen: Die Literatur-Nobelpreis-Träger 2004 und 2005, John M. Coetzee (Sudáfrica) und Harold Pinter ( Englnad), Naomi Klein (Canadá), Richard Falk ( Professor an der Universidad Princeton, USA ), Tony Negri ( Professor für Staatstheorie, Italia) ,Noam Chomsky, Tony Benn, Eduardo Galeano, Hans von Sponeck, Howard Zinn, John Pilger, François Houtart, Immanuel Wallerstein und Michel Chossudovsky, u.a. Vollständige Liste unter http://www.iraqsolidaridad.org/2004-2005/docs/represion_3-01-06.html Wer die Liste unterzeichnen möchte, sende bitte eine E-mail an die CEOSI:
Und dann wäre da noch: INTERNATIONAL MARCH 18 - 19 COORDINATED ACTIONS AGAINST POVERTY, RACISM AND WAR - BRING ALL THE TROOPS HOME NOW - http://www.troopsoutnow.org/m18orgcents.html Organizing Centers and Local Activities Listing The Troops Out Now Coalition Headquarters is at: 39 West 14th Street, #206, NY, NY, 10011 212-633-6646 Email: In Deutsch: www.irakkoordination.de/2006jahrestagirrakkrieg.htm Mail:
In aktuellen Studien kommen renommierte Experten zu vernichtenden Urteilen über die Irak-Politik von George W. Bush. Das Land, so der Tenor, werde dank der Versäumnisse der USA wahrscheinlich bald zum "failed state". Die Zeit für Notfallpläne sei gekommen.
Berlin - Es sind harte Urteile, zu denen die Wissenschaftler kommen: Ein "Kartenhaus" sei das politische System, das die USA im Irak aufgebaut hätten, schreibt in ihrer Studie "Back from the Brink: A Strategy for Iraq" etwa die italienische Politologin Marina Ottaway. "Die Zeit wird knapp", warnt der Wissenschaftler Kenneth Pollack von der Brookings Institution in einem Artikel im "Atlantic Monthly". Nur noch "sechs bis zwölf Monate", glaubt Pollack, könnten im schlimmsten Fall bleiben, bevor "Chaos und Bürgerkrieg im Irak sich jeder Kontrolle entziehen".
Irakische Sicherheitskräfte nach einer Explosion in Bagdad: Gespaltene Loyalitäten
Und das ist noch längst nicht alles: In einer wahren Flut von Think-Tank-Studien und Expertenaufsätzen malen renommierte Nahost- und Militärexperten derzeit ein ausgesprochen düsteres Bild vom Irak und den Aussichten für die kommenden Monate und Jahre. Natürlich ist es kein Geheimnis, dass das Land am Tigris am Rand eines Bürgerkrieges steht. Aber die Experten haben nach Ursachen geforscht - und kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass nicht nur Terroristen und Aufständische, sondern vor allem die Irak-Politik der US-Regierung und das Vorgehen der US-Armee im Land selbst für das Desaster verantwortlich sind.
Legt man die Analysen übereinander, bleiben nur wenige von den USA angestoßene oder durchgeführte Maßnahmen, egal ob politisch oder militärisch, die nicht kritisiert werden.
Nach Einschätzung einiger Experten ist die Situation im Irak mittlerweile so desaströs, dass sie nach einem ganz neuen Blick auf das Problem verlangt: Die internationale Gemeinschaft und die Nachbarländer, schreibt die International Crisis Group (ICG) in der Studie "The Next Iraqi War? Sectarianism and Civil Conflict", sollten sich besser "auf den Notfall einstellen, dass der Irak auseinander fällt, um so die unausweichlichen Auswirkungen auf die Sicherheit der Region einzudämmen". Die US-Regierung solle endlich eine vertrauliche Diskussion darüber in Gang setzen, was zu tun sei, falls der Irak endgültig in einen Bürgerkrieg abdriftet. "Diese Diskussion war bisher aus verständlichen Gründen ein Tabu. Aber das Potenzial ist zu real und die Konsequenzen des Nicht-Vorbereitet-Seins zu gewaltig, um dieses Szenario zu ignorieren."
Lieber defensiv als offensiv?
Die Berichte eint, dass sie trotz ihrer harschen Worte nicht mit Schaum vor dem Mund geschrieben wurden, sondern auf seriösen und wissenschaftlichen Auswertungen basieren. Sie befassen sich mit allen Einzelfragen der Folgen des Irakkrieges und formulieren am Schluss jeweils Empfehlungen. Alle Autoren kommen dabei zu dem Ergebnis, dass die US-Politik im Irak dringend und schnellstmöglich geändert werden muss, um das Horrorszenario noch zu verhindern.
Am deutlichsten formuliert dies die Forschergruppe der Brookings Institution, der auch Kenneth Pollack angehört: "Die USA müssen 2006 als ein 'Alles-oder-Nichts-Jahr' für den Irak betrachten", heißt es in der Studie "A Switch in Time - A new Strategy for America in Iraq". In der zugespitzten Zusammenfassung für den "Atlantic" nennt Pollack die Empfehlungen seiner Gruppe "Sieben Schritte für eine letzte Chance im Irak".
Pollack und seine Kollegen schlagen weitreichende Strategieänderungen vor. Die USA müssten zum Beispiel den Kampf gegen die Aufständischen ganz anders führen: Defensiv nämlich, nicht offensiv. Damit meinen sie, dass die erste Priorität sein müsse, die Zivilbevölkerung zu schützen und nicht etwa "Aufständische zu jagen". Deren Zentren mit massivem Einsatz von Soldaten und Material immer und immer wieder zu bombardieren nütze wenig, denn die USA hätten nicht genügend Soldaten im Irak, um eroberte Städte zu halten. Die Folge: Nach Wochen oder Monaten kehren die Militanten zurück, gewonnen ist nichts. Die Experten schlagen stattdessen die "Tintenklecks-Methode" vor: Zonen von Sicherheit müssten geschaffen werden, die sich dann an den Rändern ausbreiten und Militanten-Hochburgen von außen austrocknen. Mehr Soldaten, am besten rund 500.000 im Land zu haben, wäre auch sinnvoll, schreiben die Autoren.
Politischer Prozess? Versagt!
Sie sind nicht die einzigen, die zu diesem Schluss kommen: Eine ähnlich hohe Zahl errechnet der Politologe James F. Dobbins - falls die USA den Irak wenigstens in vergleichbarer Weise wie einst Bosnien sichern und kontrollieren wollten. Tatsächlich sind derzeit nur rund 140.00 US-Soldaten im Einsatz. Schon in diesem Jahr soll ihre Zahl sinken.
Auch in ihrer Gestaltung des politischen Prozesses im Irak hätten die USA krass versagt, meint die Politologin Marina Ottaway. Die von den USA mitgeschriebene Verfassung, per Referendum knapp angenommen, ist ihrer Ansicht nach ein Dokument, das die Zutaten für einen Bürgerkrieg bereits enthält. Der Gewinn aus dem Ölgeschäft droht auf ihrer Grundlage vor allem den mächtigen schiitisch und kurdisch dominierten Provinzen zugute zu kommen, die Sunniten und die Zentralregierung würden fast leer ausgehen und nachhaltig geschwächt. Der Irak könnte so schon bald zu einem "failed state" werden.
Die "International Crisis Group" (ICG) kann in der Verfassung ebenfalls keinen Grund zum Jubeln erkennen: Sie sei geradezu ein "Bauplan zur Auflösung" des Staates. Eine sofortige Revision aller Klauseln über die föderale Struktur des Irak sei unumgänglich. Die ICG glaubt, dass die USA einen "simplizistischen Ansatz" verfolgt habe. Sie trügen Mitverantwortung für das Auseinanderdriften von Sunniten und Schiiten, weil sie der Marginalisierung der Sunniten zu Beginn des politischen Prozesses nicht entgegen gewirkt und damit den Widerstand befeuert hätten. Die von den USA massiv betriebene Ent-Baathisierung sei als Ent-Sunnifizierung wahrgenommen worden, schreiben die Autoren zum Beispiel.
Wahlen, Referendum, Verfassung, Übergangsregierung: Was die US-Regierung als Meilensteine in der Entwicklung eines demokratischen, neuen Irak betrachtet, sind in den Augen der Experten nichts als kleine Schritte Richtung Bürgerkrieg. Eine vernichtende Bilanz für Präsident George W. Bush. Dass die Verfasser dabei aus durchaus verschiedenen politischen Lagern stammen, spricht für sich.
"Büchse der Pandora geöffnet"
Besonderes Augenmerk schenken alle zitierten Studien nicht zuletzt den irakischen Sicherheitskräften und den Milizen der ethnischen und religiösen Gruppen. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE drückte Marina Ottaway ihre Befürchtung aus, dass die US-Armee durch die Hilfestellung bei der Ausbildung einer neuen Armee in Wahrheit Bürgerkriegsmilizen trainiert. Schon jetzt sei sichtbar, dass zahlreiche Rekruten geteilte Loyalitäten hätten. Kurdische Soldaten trügen etwa Insignien der Armee neben denen der kurdischen Peschmerga-Truppen.
Die Brookings-Institution empfiehlt der US-Regierung aus diesem Grund dringend, die Ausbildung irakischer Kräfte gerade nicht, wie oft geplant, zu beschleunigen - Qualität der Ausbildung sei entschieden wichtiger. Die Milizen, die in von der Verfassung erlaubten Sicherheitskräften einzelner Provinzen aufgehen könnten, sollten aufgelöst werden. Mit Sorge sehen etliche der beteiligten Experten, dass das Wort des bedächtigen und moderaten Schiiten-Führers Ali al-Sistani an Gewicht verloren, das des Anführers der islamistischen SCIRI jedoch gewonnen habe.
"Wir haben die Büchse der Pandora geöffnet und die Frage ist jetzt, wie wir weiter vorgehen", hatte diese Woche der US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad, gesagt - und damit überraschend undiplomatisch die Schwierigkeiten angesprochen, denen die Besatzungsmacht zwischen Euphrat und Tigris gegenüber steht. Es wird weithin vermutet, dass Khalilzad mit dieser Bemerkung die federführenden Generäle stützen wollte, die gerade in Washington weilen - und sich bei ihrer Regierung gegen einen weiteren Abzug von US-Soldaten zur Wehr setzen. Zumindest im Irak werden einige der von den Think-Tank-Experten angesprochenen Probleme also offenbar ähnlich gesehen. In der Bush-Regierung sieht das anders aus. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld beschuldigte zuletzt den Iran, für die neue Welle der Gewalt verantwortlich zu sein. Von Selbstkritik keine Spur.
Khalilzad dagegen nahm kein Blatt vor den Mund: Man müsse aufpassen, dass sich der Irak nicht in ein Land verwandle, "verglichen mit dem das Afghanistan der Taliban wie ein Kinderspielplatz aussieht".