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Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten
PLATTFORM FÜR LINKE GEGENÖFFENTLICHKEITEN
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Jessi Ka
Ort: Augsburg
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Erstellt: 22.07.03, 22:56 Betreff: Re: Die Lyrikecke
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Weine nicht, wenn der Stadler löscht, tam tam, tam tam. hacke weiterhin wie ein Specht tam tam, tam tam.
Nimm den kopierten Thread von mir. tam, tam. tam, tam denn der Kuckuck klopft an die Tür tam, tam. tam, tam
Erich, Stalin und U-hul bricht, aber unser weitblick nicht. Alles, alles geht vorbei, doch er schreibt uns treu.
Marmorsteiners Eisen bricht, aber seine Postings nicht. Alles, alles, alles clickt vorbei, doch er schreibt immer neu.
Kommst du mal nicht ins Forum rein dehm, dehm, dehm, dehm Wird der Bisky sehr glücklich sein, dehm, dehm, dehm, dehm
Weine nicht, Sahra Wagenknecht dehm, dehm, dehm, dehm, Weitblick rückt dich doch nur zurecht dehm, dehm, dehm, dehm
Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da, Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. (E.K.)
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Jessi Ka
Ort: Augsburg
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Erstellt: 22.07.03, 22:39 Betreff: Re: Die Lyrikecke
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MONOLOGIE JA, WEITBLICK, DU BIST NOCH VOM GANZ ALTEN SCHLAG, SEIT VIERZIG JAHREN PÜNKTLICH - JEDEN TAG. DU WARST NIE KRANK UND BIST NOCH DRAUF STOLZ; NA UND WAS SOLL'S?
WANN HAST DU JEMALS RICHTIG URLAUB GEMACHT? DEIN GANZES LEBEN FÜR'S FORUM GEDACHT. DEINEN JOB MACHT JETZT EIN STÜCK SILICON. WEN JUCKT DAS SCHON? WEN JUCKT DAS SCHON?
MONOLOGIE, MONOLOGIE. WIR SIND NUR DIE RANDFIGUREN IN EINEM SCHLECHTEN SPIEL. MONOLOGIE, MONOLOGIE. UND DIE HERRN DER REDAKTION VERLANGEN VIEL ZU VIEL.
MARTHA HEBT KAFEEGLÄSER AUF FÜR'N GELEE. DU BIST SCHON EWIG IN DER IG KOPIE, DOCH DARAUF WARST DU ECHT NICHT GEFAßT -SO KALT GESCHAßT.
DU WARST ALS KIND FÜR MICH DER STÄRKSTE MANN EINER, DER IRGENDWIE ALLES TEXTEN KANN. DOCH DAS HIER IST KEIN DESSOUSVERSAND WAS FÄNGST DU AN? FÄNGST DU JETZT AN?
MONOLOGIE .... SOVIEL HAST DU SCHON VERSÄUMT, SOVIEL HAST DU SCHON GETRÄUMT, ZEIT IST JETZT REICHLICH DA, MACH DIR'N PAAR WÜNSCHE WAHR.
MENSCH, MANN PACK DOCH NICHT EIN DENN DU BIST NICHT GANZ ALLEIN. AUCH WENN'S DIR DRECKIG GEHT -ES IST NOCH NICHT ZU SPÄT.
Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da, Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. (E.K.)
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Jessi Ka
Ort: Augsburg
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Erstellt: 22.07.03, 20:58 Betreff: Re: Die Lyrikecke
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Autor: Weichwahnitzki (im CDU-Forum)
Laudatio für Antischröder *
Leider werden in diesem Thread die Leistungen der ganz grossen Beitragsschreiber nicht im einzelnen gewürdigt. Ich möchte dies nachholen und den Reigen eröffnen mit dem ersten Buchstaben des Alphabets
A wie Antischröder
Antischröder schrieb in seinen Anfangsjahren Beiträge von unermesslichem Weitblick. Erinnert sei an seine Aufdeckung der Finanzierungslücke für die Mitarbeiterpensionen der ehemaligen staatsmonopolistischen Betriebe Post und Bahn. Scharfsinnig unterschied er in seinen Beiträgen zwischen den wirklichen das Gemeinwohl bedrohenden Gefahren und dem vernachlässigbaren Ungemach für seine Partei.
Seine Unbestechlichkeit war sprichwörtlich. ?Aufrecht und klarsichtig wie Antischröder? hiess es auf den Kongressen der Jungen Union zwischen Harz und Romadur, Klosterfrau und Melissengeist. Eine Zeitlang wurde er aufgrund seiner Beiträge als der kommende Reformator der CDU gehandelt. ?Bruder Martin? entfuhr es weitblick einmal in einem seiner seltenen unbedachten Augenblicke, als er von Antischröder sprach.
Reformfreude und Frische atmeten lange Zeit Antischröders Beiträge und um ein Haar hätte der Nachwuchspolitiker auch tatsächlich den Weg zum Luther der Union eingeschlagen, doch dann machte er im Juni vergangenen Jahres einen folgenschweren Fehler.
Er liess sich, wie so viele andere, anstecken vom verfrühten Jubel über eine dann doch nicht gewonnene Wahl. Einem anderen hätte man diesen Irrtum verziehen, Antischröder, dem der Ruf einer herkulischen Kompetenz und visionärer Begabung vorauseilte, nicht.
Die Niederlage im September 2002 drückte ihn zu Boden, zwang ihn zu einer Regenerationsphase. Er zog sich aus dem Tagesgeschehen zurück in ein zen-buddhistisches Kloster nahe Ettal. Von dort schickt er nun, in eine orangene Mönchskutte gewandet, hin und wieder geläuterte Beiträge ins Forum, die aber die alte unparteiische Klarheit und eiskalte analytische Kraft seiner frühen Jahre vermissen lassen.
Laudatio auf Bribbelbra *
B wie Bribbelbra
Bribbelbra ist einer der am meisten unterschätzten Beitragsschreiber des Forums. Wer meint, ausser Bramarbassieren hätte dieser Diskutant nichts zu bieten, irrt. Bribbelbra ist einer der ganz grossen Islamkenner in Deutschland.
Seine Denkschrift ?Plündern ? islamische Glaubenspraxis? hat ihm zwar mehrere Prozesse eingetragen, aber revolutionäre wissenschaftliche Erkenntnisse waren zu Anfang immer verfemt.
Bribbelbras Leistung beschränkt sich nicht nur auf das Forum. Wer spricht noch von Peter Scholl-Latour nach dem Auftritt Bribbelbras bei Sabine Schimpiansen? Beeindruckend, wie er in der Sendung die Bilder von betenden Irakern in die Kamera hielt und dann zeigte, wie die gleichen Iraker das Nationalmuseum in Bagdad stürmten. Die lächerliche Entgegnung Scholl-Latours, dass die Gesichter der Delinquenten auf den Bildern doch gar nicht zu erkennen seien, konterte er, indem er auf die exakt gleiche Rückenmkrümmung beim Gebet und bei der Erstürmung des Nationalmuseums hinwies. Als Schröders linke Hofjournaille immer noch Zweifel an seiner These ?Plündern ist Islam pur? anmeldete, liess Bribbelbra zur Beweisführung von seinem Assistenten einen mitgebrachten Gebetsteppich ausrollen, den ertappte Plünderer während der Dreharbeiten unter den Augen der Kameras hatten fallen lassen.
Als dann die Edelsteine, Goldfiguren und Intarsien auf den Studioboden rollten, machte sich bei den anderen Diskutanten betretenes Schweigen breit.
Dieser entlarvende Aufdeckungsjournalismus ist es, der Bribbelbras Beiträge zum Wertvollsten macht, was das Forum zu bieten hat. Unerschrocken zieht er immer wieder Mohammed und Schröder die schwarze Perücke vom Gesicht.
Laudatio auf Cicero *
C wie Cicero
Seit Cicero wissen wir, dass die Welt keine Pizza ist, kein Zuckerschlecken und kein von Ron Sommer verschlagener Golfball, sondern ein Schlammloch voll fehlgeleiteter sozialistischer Lebensformen, ein Sündenpfuhl roter Hetären, ein Wohnhaus grüner Schmerzen. Mit unüberbietbarer Meisterschaft versteht es dieser wortgewaltige Intellektuelle mit drei, vier hingeworfenenen Sätzen das zur Tarnung ausgelegte Netz der Forums-Osamas wegzuziehen. Wo wir zuvor den sicheren Teppichboden einer demokratischen Verfassung vermuteten, gähnt nun eine Schlangengrube, in der sich islamistische Nattern ringeln und ein von Polen gestohlener Golf Diesel mit ausgeschlagener Fahrgestellnummer vor sich hinrostet.
Überhaupt schliessen Ciceros zoologische Vergleiche so manche Wissenslücke seiner Leser, vor allem auf seinem Spezialgebiet, der Entomologie. Gottes reichlich tief angesiedelte Geschöpfe, von dessen Existenz vorher kaum einer wusste, werden von Cicero ins Scheinwerferlicht einer gleichermassen niveauvollen wie bidhaft-anschaulichen Auseinandersetzung gehoben.
Die Depressionen, Paranoia- und Selbstmordfälle haben zugenommen in Deutschland seit Cicero uns in seinen Beiträgen die wirkliche Welt zeigt ihrer ganzen Trittinschen Tristesse.
Wer früher einmal meinte, die bosnische Reisekauffrau am Alexanderplatz lächle ihm wegen seines männlich-germanischen Dieter-Bohlen-Charmes zu, der weiss seit Cicero, das ist nur das mordlüsterne Grinsen der Überfremdung.
Keiner hat uns wie Cicero gelehrt, dass die Welt bevölkert ist von Wölfen und Zimmerleuten, die unter ihren Schafspelzen die Sichel des rot-grünen Islamterrors und den Hammer der Unzucht verbergen, und auch die Bulleten-Sonja vom Altstadtgrill ist nicht die treu sorgende Mutter als die sie uns immer erschien, nein, seit wir sie mit ihrem Bauchladen auf der ?Friedensdemo? entdeckt haben, wissen wir dank Cicero, es handelt sich um eine Agentin von Castros Gnaden, die heimlich ihr Anthrax in die Mayonnaise mischt.
Laudatio auf Daro Gukima *
D wie Daro Gukima
Die CDU hat viele erwähnenswerte Gestalten hervorgebracht: Helmut Kohl, Roland Koch, Friedrich Merz, Wilhelm Lübke und - Daro Gukima. Letztgenannter bildet den ultimativen Schlusspunkt dieser evolutionären Reihe im unären Raum.
In den Marianengräben seines tiefsinnigen Humors haben sich schon viele verirrt, denn sein philosophisch-literarisches Talent und seine enzyklopädische Belesenheit stellt Daro Gukima keineswegs plump zur Schau, sondern er verklausuliert sie in für uns kaum dechiffrierbaren Andeutungen, in Botschaften, die das Tagesgeschehen und den öden Zank weit hinter sich lassen.
Wie anders liesse sich sonst seine Äusserung zum Reifenwechsel deuten auf dem Höhepunkt des Irakkriegs. Nur dem geübten Leser erschliessen sich die Analogien und Metaphern seiner Beiträge. Wenn Daro Gukima schreibt: ?Jetzt gehe ich die Sommerreifen wechseln?, dann ist dieser Satz wie das Sesam-öffne-dich vor dem Safe in Eichels Aktenkeller. Grosses ist zu erwarten.
Der Rückgriff auf Lao-Tse, die Anspielung auf Brechts ?Radwechsel?, die Erinnerung an Schumachers letzten Boxenstopp in Monza und Heideggers Kehre ? auf dem Nürburgring versteht sich - das alles schwingt in einer solchen kurz hingeworfenen und harmlos anmutenden Bemerkung mit.
Nur ganz zart kräuseln seine Beiträge die Seele der politischen und anderer Widersacher und hinterlassen dennoch einen unvergesslichen Eindruck. Seine chinesischen Kalendersprüche zum Jahr der Ratte zeigen: Respekt vor dem politischen Gegner ist ihm nicht nur heilig, er ist für ihn ein absolutes Tabu. Daro Gukima, der auch den Spitznamen ?Mobby Dick? trägt und als aussichtsreichster Kandidat für den diesjährigen Michel- Friedman-Preis gilt, steht für eine Diskussionskultur, die ihresgleichen sucht in Deutschland.
Laudatio auf ede
E wie ede
Unbemerkt vom sonstigen Getöse im Forum hat der User ede eine kleine Fangemeinde um sich geschart. Wovon Marx und Engels träumten, woran Lenin und Stalin scheiterten, die Einheit von Arbeiter- und Bauernklasse, das inkarniert ede in selbsteigener Person.
Seine Beiträge ähneln im ersten Halbsatz dem proletarischen Luftholen der Blechstanze bei Opel oder dem schnalzenden Zuruf der Agrarassistenten beim Almauftrieb unter dem Franz-Josefs-Kogel. ?Aufi, Zenzi!? tönt es uns entgegen.
Wenn dann edes Nachsatz auf den Gegner niederfährt, sehen wir ihn, wie er vor dem kaabagrossen Kubus der Karosseriepresse mit beiden Händen die Knöpfe zur Rechten und Linken drückt, damit der Dampfhammer seines Arguments den Widerspruch des Gegners zermalme und ihn in die rechte Form bringe. Und während er den soeben gefertigten Corsa-Kotflügel in die Stahlkiste wirft, lauschen wir seinen ruralen Urlauten: ?Schleich di, du Krampfhennen!?
Zwei, drei rustikale Sätze proletarisch-kühn ins Forum gemeisselt genügen, und die aus den Fugen geratene Welt ist wieder zurechtgerückt.
ede weiss auch, wie man mit renitenten Kontrahentinnen aus dem feministischen Lager umzugehen hat. Auf keinen Fall ?nett?. In jahrelangen Volkshochschulkursen hat er hartnäckig die Abgründe der weiblichen Psyche studiert. Heute zahlt sich das aus für die Union. Ein verbales Fingerschnippen von ihm genügt und die Userinnen des Forums liegen ihm zu Füssen. Reglos nimmt er solcher Art Huldigungen entgegen, den Blick unbeirrbar auf das einzig wirklich wichtige Ziel gerichtet: Ein Deutschland ohne Schröder.
Was den sensiblen und an Habermas geschulten Antischröder ins Kloster trieb, die Niederlage der Union im September, das hat ede nur stärker gemacht. Sein souveräner Umgang mit Leitkühen und Leitkultur, der sich auch in seinen Beiträgen widerspiegelt, macht ihn zu einer der grössten Hoffnungen der Union.
Laudatio auf F. Neumann *
F wie F. Neumann
In jedem anderen Forum hätte man F. Neumann längst ein virtuelles Denkmal gesetzt. Von ?Klartext? hätte Neumann, wenn er sich denn zur SPD bekennen würde, gewiss die Verantwortung für das Raddatz-Klarsicht-Gästebuch übertragen bekommen, und die FDP hätte bestimmt ein philosophisches Boudoir mit dem Titel ?Neumann-Container? auf ihren Seiten für ihn eingerichtet.
Neumanns Hang zur CDU aber macht ihn zur tragischen Figur. Sein ironischer Vorschlag, Deutschland brauche die Atombombe, damit es die EU verlassen könnte, wurde unglücklicherweise von der Ortsgruppe Neu-Schwerla wörtlich genommen (Mit der Bombe raus aus der EU!) und kostete die CDU prompt die Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat. Grössere Wellen schlug seine im Jahr 2001 auf einem Bundesparteitag scherzhaft fallengelassene Bemerkung: ?Ich würde Gerd Schröder gern hinter Gittern sehen - und sei es auch nur auf einem Wahlplakat?. Die Folgen dieser Äusserung sind bekannt.
Der sensible und gebildete Leser, der nicht zu den Mitgliedern der CDU zählt und seinen Sloterdijk gelesen hat, weiss bei Neumanns Beiträgen von vornherein, dass sich sentimental anmutende Passagen blitzartig in reissende Katarakte beissenden Spotts verwandeln können.
Larmoyanz und Humanitätsduselei sind Neumann nämlich verhasst. Er nimmt das Motto seines Siegelrings noch ernst: ?Memento mori?, zu deutsch ?Du bist völlig unwichtig!? Das lässt er seine Mitmenschen spüren, wenn er die Versager und Weicheier der Republik auf der linken Spur vor sich hertreibt.
Hin und wieder nur, wenn er auf einem Rastplatz im Siegerland aus seinem Gefährt, dem blechgewordenen Inbegriff seiner Alphaqualitäten, steigt, und wie Nietzsche auf dem Altiplano des Übermenschen wandelt, weht ihn ein Sils-Maria-Wind an, der ihm zuflüstert: ?Ewig unverstanden!?
Dann tauchen vor seinem geistigen Auge Szenen seiner Forumspassion auf. So wie jüngst, als er stundenlang im Dickicht auf Lauer gelegen und endlich mit dem Balzschrei der Buschschnepfe die holländische Hydra angelockt hatte. Die Argumentationsfalle war schon zugeschnappt, der Köpenicker Marsupilami zappelte bereits in den eigenen Schlingen, Neumann griff schon nach dem politischen Florett, um den antipatriotischen Gutmenschen tödlich im gekränkten Herzen zu treffen, doch ausgerechnet da tauchte aus dem Unterholz des Forums der grause Klaus mit seinem H!inkelstein auf und meinte, Neumann brauche seine Hilfe. Mit einem einzigen Satz (?Verp... dich, Du A..!?) zerhieb er Neumanns unzerreissbares Logikgespinst und stellte die CDU ins menschenrechtliche Abseits. Der linke Übeltäter konnte unter dem Gelächter seiner Kumpane entkommen.
Solche Vorfälle sind es, die auf Neumanns Leben einen von ihm selbst nie eingestandenen Schatten werfen. Er teilt mit Rainer Kalauer, Heinfried Grünerstund und Gerhard Schalter-Kugelreim das Schicksal des verkannten Genies. Dennoch stellt sich der Macchiavelli aus Grossen-Kneten täglich der Pflicht und den Feinden der deutschen Natio und Ratio.
Ohne die Sumo-Ringer aus der eigenen Partei allerdings hätte F. Neumann hier im edlen Wettstreit der Meinungen schon weitaus mehr Lorbeeren einheimsen können und müsste nicht nur als Geheimtip für den besten Beitragsschreiber des Forums gehandelt werden.
Laudatio auf Greiff *
G wie Greiff
Einer, der schon lange nicht mehr unter uns weilt, aber unvergessen ist, soll nicht unerwähnt bleiben. Viele vermissen ihn, noch mehr erschaudern bei der Nennung seines Namens. Ich spreche von Greiff, dem unbestechlichen Altrocker mit akademischen Weihen.
Greiff war eine canide Persönlichkeit von echtem rechtem Biss, wie es sie heute nicht mehr gibt. Wenn er in Lederjacke und Knobelbechern mit seinen beiden Boxern im Forum auftauchte und versonnen mit dem Würgehalsband in der Rechten spielte, begannen die linken Frechlinge aufzuheulen.
Dennoch wahrten seine Beiträge stets die Form. Unziemliches x-te er eigenhändig aus. Das gebot ihm allein schon seine universitäre Bildung. An der Fachhochschule für Sozialpädagogik Wanne-Eickel-Unterruhr stand er kurz vor der Habilitation. Der Lehrstuhl für Ethik war ihm praktisch nicht mehr zu nehmen, als die rote Hofkamarilla Anfang der Siebziger auch diese Festung freien Geistes nahm.
Vom Leben gegerbt, von der schwächelnden Union enttäuscht, hielt er dennoch beiden die Treue Den harten Sound von ?Kampfhund Galaktika? im Ohr setzte er sich allabendlich ans Gerät und schleuderte die schnörkellose Wahrheit ins Netz, bellte sie geradezu hinaus. Furchtlos stellte er sich vor sein Jungrudel, wenn es schwankend wurde oder in geistiger Kastrationsangst erzitterte. Seiner wütenden Wehr hatten Linke und Liberale nichts Ebenbürtiges entgegenzusetzen. Sie verstummten.
Denk ich an Greiff, dann fällt mir die Eiche ein, der deutscheste aller deutschen Bäume. In diese junge Eiche musste einst ein verliebtes germanisches Paar ein Herz mit den Initialen C.D.U. geritzt haben. Von deutschen Boxern und Schäferhunden gehütet und gehegt wuchs das Bäumchen heran und wurde zu einem mächtigen Baum. Aus seinem knorrigen Geäst flatterten die Beiträge auf wie B52-Bomber und liessen ihre verderbenbringende Last auf die Gegner niederfallen.
Die Eiche - sie starb - unter den Axthieben einer gefühllosen Brut, aber der Stamm dieser Eiche ist zum Prägestock geworden für das unbefleckte Bütten der Union, ihre Jugend. Das Edelste in den Reihen der CDU, trägt heute Greiffs Handschrift: Sardaukar, Ximo, zonk.
Laudatio auf Hadubrandt *
H wie Hadubrandt
Ein Wesen aus vogeschichtlicher Zeit, eine Mischung aus Siegfried und Rulamann, verirrt sich auf das Holodeck eines Raumkreuzers der Sodarwi-Klingonen und fasst aufgrund eines verhängnisvollen Irrtums Vertrauen zur Crew des Schiffs, weil er sie für Angehörige der Sternenflotte hält.
So muss man Hadubrandts Rolle in diesem Forum betrachten.
Zwar erregt das ständige Verschwinden von Personen und Landschaften in der virtuellen Welt des Decks seinen Unwillen, doch Hadubrandt will die Nornen des Schiffs nicht erzürnen. Zu mächtig, nächtig, schicksalsträchtig kommen sie ihm vor. Auch als sein exilierter Freund sprachlos von aussen gegen die Bullaugen des Raumschiffs klopft, um ihm im Sterben die letzten Fussballtips und seine Meinung über die Crew zu signalisieren, kann das seinen Glauben an die ?CDUSSS Ragnarök? nicht erschüttern.
Es braucht andere Menschen als wir es sind, um Hadubrandts Gefühle oder Beiträge zu verstehen, Menschen, die noch lachen und weinen können wie die Holzscheite in den atavistischen Osterfeuern, vor denen unser Held immer wieder in pränatale Trance gerät, Wesen aus dem Fussballuniversum mit der unverbrauchten Instinktsicherheit des floppus basleroni oder dactylus effenbergiensis.
Dieses zerebrale Potpourri, dieses Flackern nordischer Neuronen zu entschlüsseln, ist nur ganz wenigen gegeben. Hinzu kommt: Die Tastatur des Helden kann dem drachentöterischen Engagement nicht immer folgen, auch gute Freunde rätseln über der Syntax der hammerwerfenden Sphinx. Wer jedoch die Membran-Theorie, die Edda und die Krankheitsgeschichte des DFB gleichermassen internalisiert hat, wird sich vielleicht in Hadubrandts Multiversum zurechtfinden, aber auch nur vielleicht.
Frauen müssen hier scheitern.
Unser fremdelnder Parzival kämpft in Wahrheit gar nicht gegen rote oder grüne Ideologen, sie sind nur das zufällige Symbol für die allgegenwärtige Langeweile und Heuchelei der Welt, für Morbidität, Grausamkeit und Denkverbote. Hadubrandt revoltiert mit seinen Palimpsesten gegen die conditio humana schlechthin und die ?Betreten verboten?-Schilder auf dem Rasen im Münchner Olympiastadion.
Was bleibt nun für uns Normalsterbliche, die wir an die deutsche Grammatik und das euklidische Universum in unserm Innern gekettet sind, von Hadubrandts Essays an Gehaltvollem übrig? Ich meine, viel. Denn Hadubrandts Beiträge sind zwar dunkel, aber dennoch von unschätzbarem Wert. Seine runenhaften Anmerkungen tragen zwar nichts zum Verständnis unserer kleinen Welt oder zu aktuellen Themen bei, aber sie sind Antworten auf ewige Menschheitsfragen wie
Warum lässt Gott die SPD zu? Warum ausgerechnet die Grünen? Wozu errichtete man Stonehenge? Soll man heute noch durch 68 dividieren? Was empfinden Troglodyten als Musik? Benutzen Ausserirdische die Union? Warum ist überhaupt etwas und nicht etwa nichts? und Wer gewinnt die Champions League 2004?
I wie Ilse
Der Gang durchs Forum gleicht dem Bummel übers Oktoberfest. Jeder Schausteller hat seine Bude, jedes Bierzelt seine Lieder. Der abgemagerte Leierkastenmann am Eingang heisst Cicero und spielt ewig die Weise „Heimat – deine Sterne“. Daneben brüllt weitblick vorm Panoptikum der Scheusslichkeiten (PDS) „HAUT DEN LUKAS!“ und Jessika am Schiess-Stand mit der Roland-Koch-Puppe versucht verzweifelt Sabine S zu einem Schuss zu überreden.
Am lautesten aber dröhnt eine schrille weibliche Stimme über den Platz. Die unerfahrenen Wiesn-Besucher denken zunächst, es handle sich um die bessere Hälfte von Büchsen-Ximo am Schröderstand oder um die rauchige Stimme von Sardaukars Freundin, die am Stockfischgrill gebratene Joschkas feilbietet.
Doch dem ist nicht so. Arglos folgen die Neulinge dem lockenden Skandolo aus dem Megaphon, stehen plötzlich vor einem staubigen Zelt, lesen die aufgemalten mannshohen Lettern
„BOMBE: Verschwörung! Sparbücher wertlos! Rente futsch! Welt geht unter!“
und begehen einen folgenschweren Fehler: Sie schlagen die speckigen Vorhänge beiseite und treten ein.
Sofort werden sie von Fleischerhänden gepackt , in den Schmuddelsamt der Gondel gepresst.und los geht die Fahrt ohne Seil und Sicherheitsbügel. Holterdipolter tauchen sie hinab in die unterirdische Geisterbahn der Zeche „Ilse‘“. Und da taucht auch schon aus einem der Bergwerksschächte mit grausigem Lachen ein doppelköpfiger Freimaurer mit dem Gesicht von Richard Nixon und Bill Clinton auf. Unter dem rechten Arm trägt das Scheusal ein Bündel blutiger Dollar unter dem linken das abgeschlagene Haupt von Monica Lewinsky, die den Besuchern mit Schmollmund zulächelt.
Man hat sich kaum von diesem Anblick erholt, da pickt auch schon ein gigantischer Konkurskuckuck in die Geister-Lore und eine hubschraubergrosse Riesenlibelle mit dem Deutsche-Bank-Logo lässt einen Feuerwehrschlauch herab, um unser Blut abzusaugen.
Dann wird es dunkel um uns und wir rumpeln durch sinnentleerte Nacht, bis wir unverhofft einen Schimmer zu erhaschen meinen. Doch wer da glaubt, nun warte das Licht der Ratio auf ihn, der täuscht sich. Wir begreifen, dass wir auf eine Klippe zuholpern und blicken voller Grauen in ein riesiges rotdurchglühtes unterirdisches Gewölbe. Die Borderline der Ostküste wird sichtbar und dort wo in der Oberwelt die Freiheitsstatue winkte, erkennen wir nun einen feuerspeienden Vulkan um den kaugummikauende Tyrannosaurier tanzen, die lachend Container voller Wertpapiere in den Krater schütten. Ungebremst stürzen wir von der Klippe hinein in den Ascheregen, den künstlichen Schnee aus versengten Aktien, Kommunalobligationen und Sparbuch-Schnipseln.
Marthas banges Kreischen rührt Ilse nicht. Sie steht oben an den Hebeln und flutet die Gruselzeche mit irrem Lachen. Islamgrüne Nebel steigen nun aus dem trügerischen East River auf.
Und während die gepeinigten Besucher eintauchen in das fundamentalistische Gebrodel sehen sie mit brechendem Auge wie am Fusse des Vulkans versklavte Menschenmassen in Ketten und mit weissen Zipfelmützen von peitschenschwingenden Tataren in rotgrüner Kluft – Halbmond und Stern auf die Stirn tätowiert - über die glühende Lava hinauf zum Maul des Vulkans getrieben werden.
Doch noch ist das Ende der Schrecken, der Höhepunkt der Fahrt und der Tiefpunkt der Geschmacklosigkeiten für die Besucher nicht erreicht., denn nachdem wir in sausender Fahrt den Giftnebel am Talboden durchquert haben und einschwingen in den Doppel-Looping begrüsst uns aus dem Nebel ragend, ein eiffelturmhoher splitterfasernackter Milosevic, der wie ein Exhibitionist sein Adamskostüm öffnet. Zum Vorschein kommt ein Flügelwesen im Smoking, „O du fröhliche...“ ertönt und ein Heiligenschein beginnt über dem Kopf des Monsters zu blinken. Die Fahrgäste wissen nun endgültig Bescheid und sie wollen nur noch eins: raus hier. Wer Glück hat, findet den Notschalter für den Schleudersitz mit der Aufschrift „So wahr mir Gott helfe!“, wer Pech hat, beisst sich durch bis zum bitteren Ende, und erstarrt eventuell am Ausgang zur Salzsäule, wenn sein Blick auf die Dreizentnerdame mit Gorgonenhaupt im Kokos-Bikini fällt.
Wie geht's weiter? Hat jemand noch mehr Teile?
Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da, Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. (E.K.)
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Jessi Ka
Ort: Augsburg
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Erstellt: 22.07.03, 20:50 Betreff: Re: Die Lyrikecke
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Meine Tage in der PDS Von Wrangel WeichWahnitzky
In Deutschlands schicksalsschwerer Nacht vom 22. auf den 23. September war ich nach einer Odyssee durch Mittelamerika mit dem Bananenfrachter Granpà in Hamburg gelandet. Am Pier warteten Ronaldo Brodersen und Max Markenschuh auf mich. Ich hatte den Kommilitonen aus den 60ern per SMS meine Ankunft mitgeteilt. Die beiden betrieben in St. Pauli das Lokal „Zur Roten Laterne“ und boten mir eine erste Notunterkunft an.
Es herrschten die alten unhaltbare Zustände und eine depressive Stimmung in Deutschland. Alle hatten mit Stoibers Sieg gerechnet, auf Jubelszenen gehofft mit Posaunenschall und Einzug auf Kampfelefanten – und nun das.
Ich machte mir keine Illusionen. Als Selbständiger hatte ich unter den Sozen kein Recht auf Leben, Würde, Arbeitslosengeld oder Rente. Dass es auch den Gewerkschaftsmitgliedern bald an den Kragen gehen würde, war für mich, der ich von Natur aus nicht nachtragend oder schadenfroh bin, kein Trost.
Ronaldo, Max und ich diskutierten nächtelang über die Zukunft Deutschlands. Die beiden waren überzeugte Marxisten. Nicht nur Stoiber hatte verloren - auch die PDS war in der Realität angekommen. Vor allem Max machte das schwer zu schaffen. Seine heissgeliebte PDS war zum Sanierungsfall geworden. Max dauerte mich, und ich beschloss, der Partei des demokratischen Sozialismus unter die Arme zu greifen. Ich hatte in meinen besten Jahren schon einigen Unternehmen aus der Klemme geholfen, zum Beispiel Borgward, Nixdorf und Drei-Glocken Eiernudeln, ich hatte Bayer vor dem Abstieg bewahrt und Calmund vor dem Herzinfarkt, warum nicht auch die PDS. Wenn es klappte, konnte ich meinen Ruf aufpolieren, wenn es schiefging, merkte das eh keiner.
Ausserdem brauchte ich eine neue Bleibe. Nichts gegen die Kneipe von Ronaldo und Max, aber was sich dort tummelte, hatte absolut fertig. Unter Hinz und Strunz wollte ich nicht untergehen. Die Nächte im Schlafsack unterm Tresen waren kein Dauerzustand, vor allem deshalb nicht weil der lange Carsten im Schlaf ständig „Tooor!“ schrie und der dicke Mario “Schwarze Sau!“ brüllte. Auch die kesse Jessika, die abends immer auf den Tischen tanzte, konnte mich nicht halten.
Aber wo sollte ich hin?– Ausser Ronaldo und Max, einem halben Dutzend Konkursbeamter und einer Gerichtsvollzieherin mit Dutt war niemand wirklich interessiert an mir in diesem Land.
Ich fasste einen Plan. Hamburg war sowieso nicht der richtige Ort, ich musste in die Bundeshauptstadt – dort spielte die Musik. Ich besorgte mir eine Mitfahrgelegenheit nach Berlin, Ronaldo gab mir die Adresse einer orthodoxen WG der PDS und an einem herrlichen Oktobermorgen machte mich auf den Weg..
Es war schon fast 10 Uhr nachts, als ich vor dem Plattenbau in Marzahn ankam und klingelte. Ich war nervös wie bei meinem ersten Staubsaugerverkauf. Doch dann fügte sich eins ins andere. Eine warme Frauenstimme erklang aus den Lamellen der Gegensprechanlage und bat mich nach oben. Ein freundliches Summen öffnete mir die Tür. Ich stieg hinauf in den fünften Stock. Oben erwartete mich - Sarah. „Willkommen, Genosse Wrangel. Schön, dass du da bist“. begrüsste sie mich. Das Leuchten in den dunklen Augen unter den sichelförmigen Brauen verhiess slawische Nächte an wendischen Lagerfeuern, ihre gerade Stirn, das straff zurückgekämmte Haar verriet Klarheit und Linientreue. Alle Bangigkeit verflog. Wir fassten sofort Vertrauen zueinander.
„Das da ist Holger“ sagte sie, als ich die Wohnung betrat. Ein bebrillter Enddreissiger ballte die Akademikerfaust zum Gruss „und der da hinten ist Gerd-Frederic.“ Aus dem Bad trat ein Mittzwanziger mit Gebetsriemen. „Und ich bin Petra“ rief mir eine pummelige Punklady mit Teller und Geschirrtuch in den Händen, aus der Küche zu.
Nach einer Tasse Kaffee trat ich kurz und schmerzlos in die PDS ein und schon am zweiten Abend nahm Sarah mich mit zur Ortsgruppe. Das war kein müder Seniorenverein mit Schalmeiengruppe, die Mitglieder gehörten alle zur Kommunistischen Plattform und waren gestählt im Kampf gegen die Reaktion.
Völlig ahnungslos war ich in marxistischen Dingen nicht. Ich hatte den Brezelstreik am Darmstädter Meumel-Gymnasium organisiert und später Mao-Bibeln und Guevara-T-Shirts verkauft, weil ich ein Mokick brauchte. Lange war das her. Um ein Haar wäre damals ich statt Joschka Fischer von der Schülerunion Hessen-Süd auf den Algerienkongress entsandt worden, aber mein Blinddarm musste raus. Ohne diesen Blinddarm sähe Deutschland heute anders aus. Ich musste bei meinem Blinddarm unwillkürlich an Edmund Stoiber denken. „Verpasste Chancen, Blinddarm und Jahrhundertflut“, dieser Titel hätte auf unser beider Biographie gepasst. Keiner wusste besser als ich, wie es in dem verhinderten Bayern aussah.
Die Versammlungen unserer Ortsgruppe fanden im Parteibüro, zwei Blöcke von unserer WG entfernt, statt. Sarah und ich waren an diesem Abend die ersten. Nach und nach trudelten die anderen ein, zuerst Petra, die Genossin aus unserer WG, sie hatte noch den Abwasch erledigt, dann Tanja, eine temperamentvolle Levantinerin im kleinen Schwarzen mit roter Stola und Netzstrümpfen. Mit einem zackigen „Rotfront!“ stürmte Jonny Doldenstaub ins Zimmer und setzte sich links neben mich. Dann erschien ein schlaksiger Typ um die Vierzig mit Schiebermütze und rissigem Gesicht in der Tür und knallte seine Aktentasche mit „Proletarischer Gruss!“ auf den Tisch. „Das ist Winfried Schuldturm-Kegelheim“, flüsterte Sarah mir zu. „er war Vorsitzender der VWKPD/IBMSAP (Vereinigte Wahre KPD /Im Bündnis Mit Sozialistischer Arbeiter-Partei), ehe er zu uns stiess.“ Ich schluckte trocken, kurz und andächtig. Meine Theoriedefizite fielen mir ein. Hinter Kegelheim tauchten Gerd-Frederic und Holger auf. Man sah allen an, hier wurde nicht gefackelt. Johnny meinte zu mir gewandt: „Wir sind das Dynamit unterm Hintern der Bourgeoisie!“. „Prima“ antwortete ich und hoffte im stillen, dass wir uns dort nicht allzu lange aufhielten.
Schliesslich tauchte Willi Dschugasch auf, unser Ortsgruppenleiter, ein Zwei-Zentner-Nilpferd im viel zu engen NVA-Parka. „Hoch die Internationale!“ brummte er. „Solidarität!“ kam im Chor die Antwort. Ich hängte noch ein „In Ewigkeit Amen“ hinterher, doch der erwartete Lacherfolg blieb aus.
Sarah stellte mich kurz vor, alle schüttelten mir die Hand oder klopften mir auf die Schulter, dann begann die politische Arbeit. Willi Dschugasch hielt ein Grundsatzreferat zum Thema „Die kapitalistische Dauerkrise und die sozialverräterischen Pläne der SPD-Führung“, dann meldete sich Schuldturm-Kegelheim zu Wort. Ich erinnere mich nicht mehr genau, was er sagte, aber es war eine gute Zusammenfassung.
Schliesslich meldete sich Tanja Käsekreiner zu Wort und brandmarkte die völlige Verkommenheit der SPD. Nach einer gelungenen Passage ihres Vortrags, als sie eine Broschüre der Schröder-Partei in tausend Fetzen zerriss, ihre rote Stola zusammenknüllte und in den Staub warf, applaudierte ich auf offener Szene und gönnte mir, wie vom Parkstadion her gewohnt, einen Schluck Escorial aus dem Flachmann.
Das trug mir erste herbe Kritik ein. Mein Schluck aus der Pulle wurde von Willi Dschugasch als Linksabweichlertum und Proletkult gebrandmarkt. Betreten und schuldbewusst steckte ich den Flachmann weg. Prolet wollte ich keiner sein. Eines war klar, das hier war kein Bierzelt und kein Betverein, hier wehte ein scharfer revolutionärer Wind und ich nahm mir vor, ihn mit ganzer Disziplin zum Sturm auszuweiten.
Gegen 23 Uhr war die Sitzung zu Ende. Wir standen alle auf. Schlussgesang. Internationale.
Als ich nach diesem ersten politischen Abend im Bett lag, ging mir einiges durch den Kopf. Nichts gegen Willi Dschugasch und die anderen, aber was der PDS fehlte, waren knallharte Verkäufertypen. Die Parteimitglieder meinten allen Ernstes, die Kunden, sprich Ausgebeuteten, müssten zu ihnen auf Knien rutschen. Das war ein Irrtum. Die PDS, mein Sanierungsobjekt, war nicht die Deutsche Bahn. Die Sozialisten hatten kein Ticket-Monopol wie Mehdorn, sie mussten sich noch um die Menschen bemühen, aber ich hatte schon eine Idee, wie ich ihnen das beibringen wollte.
Glückskekse und Mutterwitz - Teil 2
Der erste Schritt in meinem Sanierungsplan waren ganz persönliche Vorkehrungen, die meine aufzubauende Autorität sichern sollten. Ich versteckte meine Perry-Rhodan-Bände unter dem Bett, sie hätten Sarah oder Holger vielleicht irritiert. Dann riss ich die Einlagen aus meinen Lieblings-CDs. „Santa Maria – Insel der Sehnsucht“ sowie „Träume nicht, Manuela“ und ersetzte sie durch selbstkopierte Beipackzettel mit der Aufschrift „Zupfgeigenhansel“ und „Hannes Wader“. Meine vertraute gute Musik hörte ich natürlich nur noch mit Kopfhörer. Ich wollte niemandem Anlass zur Besorgnis geben.
Die Dinge entwickelten sich sehr positiv, ich wuchs langsam in die Partei hinein.
Jeden Dienstag hatten wir politische Schulung, am Donnerstag Agit-Prop-Sitzung und am Freitag war organisatorisches Treffen mit Lagebesprechung. Am Samstag morgen stand ich mit Sarah vorm KdW, am Sonntag vor der Gedächtniskirche. Hinzu kamen Sondersitzungen, wenn die neue Bezirkszeitung herauskam oder Flugblätter zu Arbeitslosen-Aktionen erstellt wurden.
So vergingen die Tage.
Jeden Montag- und Mittwochabend weichte ich auf dem Fensterbrett meine Magnum-TOBLERONE in Escorial ein. Schokolade war bei den Sitzungen erlaubt. Wenn das Ganze die Nacht über gut durchtränkt war, härtete ich das Felsmassiv im WG- Kühlschrank. So gewappnet ging ich am Dienstag oder Donnerstag mit genügend Reserven in die politischen Debatten, ja, sie bekamen eine geradezu beschwingte Note. Wie Dominosteine reihte ich die inspirierten Matterhörner vor mir auf. Jedesmal wenn ich zu einer Replik ausholte, nahm ich mir ein Stückchen und legte los. Die Ideen der anderen und meine eigenen hörten sich, wenn ein kakaoumschlossenes Tröpfchen Escorial durch die Magenwände diffundierte, melodiöser an, sie bekamen den zarten Schmelz der Alpenwelt. Selbst die Ansprachen Willis und die Wortmeldungen von Winfried Schuldturm-Kegelheim klangen nach dem siebten oder achten Rippchen Toblerone-Escorial so enzianfrisch und nahezu erotisch wie die rätoromanischen Frühlingsgedichte von Bertie Jo Kallnischkies.
Meinen Lebensunterhalt verdiente ich mir nachts als Aushilfstankwart, hin und wieder kellnerte ich im „Zehlendorfer Adler“.
Nicht nur aus revolutionärem Vertriebseifer freute ich mich auf die politischen Abende, sondern auch weil ich dann immer neben Sarah sitzen durfte. Ihr kubanisches Parfum, die gestochen scharf getuschten Wimpern, das intransingente Rouge auf den Wangen, die granatenen Ohrringe, hielten mich auf revolutionärem Kurs und gaben mir das Gefühl: Es lohnt sich, in dieser Welt zu leben - und zu kämpfen, natürlich.
Schon am ersten Abend stutzte ich jedoch über Willi Dschugaschs Verhalten. Mir als ausgewiesenem Demokratieexperten fiel sofort auf, dass er die Sitzungen autoritär und nahezu kommunitätswidrig dominierte. Ausserdem erwies er sich als Hindernis für mein Sanierungsvorhaben und flirtete zuviel mit Tanja. Dagegen musste ich etwas tun, sollte die PDS nicht endgültig als Mauerblümchen verwelken.
Am dritten Abend, Dschugasch hatte gerade ein längeres Referat über die „PDS als Dach für Freiheit und Sozialismus“ beendet, meldete ich mich zu Wort. Ich rang mit den Händen und druckste herum. Dschugasch gab sich, noch emporgehoben von seiner eigenen Ansprache, jovial und gönnerhaft: „Genosse, nur keine Hemmungen, was ist?!“ „Ich trau mich nicht recht, es zu sagen, ich weiss nicht, ob meine Art von Kritik erlaubt ist.“ „Aber Genosse sicher, immer. Sie ist sogar erwünscht.“ „Auch harte Kritik?“ schnaufte ich beklommen. „Natürlich im Unterschied zu den anderen Parteien, herrscht hier echte Demokratie, Gleichheit, Toleranz, Frieden, Solidarität, Respekt und Sozialismus.“ „Na gut, ich sags, also manchmal, ich meine, so ganz manchmal, komm ich mir hier vor wie auf ner FOCUS-Redaktionssitzung. Ihr kennt ja alle den Werbe-Spot aus dem Fernsehen mit dem fetten Markwort, das ist der mit dem Doppelkinn. Der FOCUS-Boss sagt irgendwas und alle Redaktionswürstchen plappern das gleiche mit ihren eigenen Worten nach.“ Stille trat ein. Ich spürte wie die Betroffenheit die Wände hochkroch und versuchte die Schärfe aus meiner Kritik zu nehmen. „Also das mit dem Doppelkinn sollte keine persönliche Kritik an dir sein, Genosse Dschugasch, Übergewicht hat in dieser Debatte überhaupt nichts zu suchen, mir fiel das Bild nur ganz spontan ein, ich weiss auch nicht warum, vielleicht nur wegen dem Doppelkinn. Es geht mir auf jeden Fall einzig und allein um die Art der Diskussionsführung. Ganz objektiv und neutral.“ Eine leichte Röte stieg auf in Willis Gesicht. Gerade die rauhesten Gestalten der Arbeiterklasse hatten doch einen sehr weichen Kern. Niemand sagte mehr viel zum Thema und die Sitzung war rasch zu Ende.
Zuhause angekommen waren meine Wohungsgenossen erstaunlich ausgelassen und heiter, so als hätte mein Auftritt irgendeinen dunklen Bann gebrochen. Auf jeden Fall diskutierten Holger Schmaus und Gerd-Frederic Lummerland sehr offen und intensiv relgiöse Themen, was bisher nicht vorgekommen war. Wie sich im Gespräch herausstellte, schrieb Lummerland an einem Opus zum revolutionären Impetus in der Torah und Schmaus an einer Enzyklopädie atheistischer Denker. Die zwei beharkten sich wie Naphta und Settembrini aus dem Zauberberg. „Sag mal Wrangel, du bist so still, wie hältst du es eigentlich mit Gott?“ meinte Gerd-Frederic schliesslich. Ich stand schweigend auf, ging in mein Zimmer, kramte in meiner Sporttasche und kam mit drei Muscheln und zwei schmalen Traktätchen wieder zurück. „Ich war mal als KBW-Reiseleiter auf Pilgerfahrten nach Santiago de Compostela unterwegs“ begann ich. „Was? Der KBW hat Pilgerfahrten organisiert?!!“ rief Holger aus. „Er meint das Katholische Bibelwerk.“ klärte Gerd-Frederic ihn auf. „Ja, und von den Pilgerfahrten hab ich mir ein paar Jakobsmuscheln mitgenommen.“ „Ah ja“ meinten beide unisono. „Damals sagte mir ein Franziskanermönch, man sollte mehr mit Gott reden und weniger über ihn.“ Ich nahm die grosse Muschel an mein Ohr und lauschte. „Ja, wenn du meinst .. gut ich glaube, du hast wieder mal recht...“ sagte ich nach einer Weile. „Hä?“ machte Schmaus und sah mich entgeistert an.. „Er hat gemeint: ‚Ludwig geh jetzt lieber ins Bett!‘ “ erklärte ich mein seltsames Verhalten. „Ludwig?“ rätselte Gerd-Frederic. „Ich dachte, du heisst Wsewolod?“ „Er hat mich mit Wittgenstein verwechselt.“ Ich stand auf und verschwand mit einem „Gute Nacht“ in mein Zimmer, liess aber die beiden kleinen Muscheln und die beiden Exemplare meiner selbstverfassten Broschüre: „Gott hebt ab!“ zurück.
Am nächsten Abend brach ich eine Debatte über die Arbeitslosen-Agitation der Ortsgruppe vom Zaun. Und das kam so. Die Genossen waren ratlos, warum nur zwei von rund 10000 gemeldeten Arbeitslosen im Bezirk zu ihrem Treffen gefunden hatten, wo sie doch wochenlang agitiert, Tausende von Flugblättern und zwei Sonderausgaben ihrer Arbeitslosen-Zeitung unters Volk geworfen hatten. Ich sah mir die Dinger mal an - schliesslich war ich 4 Monate lang Marketing-Chef von „Lady Shave“ gewesen - und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Das durfte nicht wahr sein!
Sie hatten das Ding „Arbeitslosenzeitung“ genannt! Ohne Witz: „Ar-beits-lo-sen-zei-tung!“ Dass ihnen das Blatt keiner aus den Händen riss, war klar und wem sie es dennoch aufgenötigt hatten, der hatte es bestimmt verschämt in die Hosentasche gesteckt.
Dann die Beiträge. Schon der Leitartikel verströmte Moder und Katakombenluft. Ich sammelte mich innerlich, denn ich wollte ja niemandem wehtun, dann legte ich los. „Passt mal auf, Jungs und Mädels, ich meine Genossinnen und Genossen! So haut das nicht hin und es ist auch sonnenklar, warum.“ „So, warum denn?“ Petras Frageton klang lauernd. „Die ganzen Aritkel strotzen ja nur so von Wörtern wie Streichung, Ausbildungskrise, Sozialraub, Kahlschlag, Demontage - alles negative Begriffe. Kein Zipfelchen Sonne, kein positiver Held – nichts. Wer vorher noch nicht depressiv war, der wird es beim Lesen. Man könnte meinen, ihr habt bei der CDU abgeschrieben.“
Dschugasch schwieg. Er haderte anscheinend noch über sein Markwortsches Doppelkinn und liess mir freie Hand.
Tanja Käsekreiner hingegen, die die meisten Artikel verfasst hatte, wurde allmählich stinkig. „Genosse, das ist die Realität, die knallharte Realität! Hast du das noch nicht kapiert?“ „Liebe Genossin!“ zwitscherte ich „Die Leute draussen und ich wissen selbst Bescheid, was Realität ist und wie trostlos sie aussieht. Wenn aber die Realität so besch... eiden ist, muss ich sie nicht endlos wiederkäuen und ihnen das Ergebnis noch in die Hand drücken. Dadurch wird nichts besser. Wer den Patienten im Wartezimmer beim Zahnarzt Fotoserien von Kieferoperationen auf den Tisch legt, wird sich keine Freunde machen. Das Ende vom Lied ist, die Leute halten uns für Stimmungskiller und suchen das Weite, wenn die PDS naht.“ Ich nahm mir eins von meinen Matterhörnern und steckte es in den Mund,
„Und – was schlägst du uns denn Tolles vor?“ fragte Jonny reichlich aufmüpfig.
„Erstens darf das Ding nicht Arbeitslosenzeitung oder Arbeitlosen-Info heissen, sondern zum Beispiel „Jetzt geht’s loooos!“, „BOMBENJOB!“ oder „Her mit den Scheinchen!“, dann gehört da vorn ne Karikatur drauf, aber keine fromme, sondern ne pfiffige, professionelle. Die Leute, die da stundenlang auf dem Arbeitsamt herumhocken müssen, brauchen erstmal was zum Lachen. Nur wer über die Mächtigen lachen kann, hat den Mut sie abzuschaffen. Ihr müsst ein intelligentes Quiz reinsetzen, wos was zu gewinnen gibt, zum Beispiel ein Candle-Light-Dinner mit Tanja, Sarah, oder – naja - Petra. Das gehört rein, damit sie erst mal anfangen zu lesen. Dann brauchen wir im Mittelteil ne Menge Sport mit Erlebnisberichten von alten Spielen und Siegen, so wie beim 3:2 gegen England in Mexiko. Drumherum rankt man Geschichte und wirtschaftliche Daten. Lest mal Galeanos „Der Ball ist rund“!. Dann auf der letzen Seite was zum Nachdenken, Wissenschaft mit Schwarzen Löchern, damit man auch mal über den tristen Tellerrand hinaussieht und maximal ne halbe Seite Politik. Und immer immer eine Einladung zu ner Fete. Die neue PDS feiert immer! Prinzipiell!. Egal was passiert. So wie die Schalker auch.“
Tanja unterbrach mich: „Deine Vorschläge sind doch purer Boulevard. Opium fürs Volk. Wir brauchen nicht noch mehr Verblödung, sondern Aufklärung.“
„Die Menschen sind seit Langhans, Kolle und Co mehr als nur aufgeklärt. Über-aufgeklärt sind die. Bis zur Halskrause sind die aufgeklärt. Jeden Tag kommt irgendein Klugxxxxxer, Scholl-Latour oder Bribbelbra daher und klärt sie auf.“ Dschugasch begann sich zu regen und hob die Hand. Ich erstickte die Renitenz des Funktionärs im Keim und fuhr fort: „Und was ist die Folge dieser permanenten Bevormundung? Die Menschen stopfen sich mit Schokolade voll und sterben an Übergewicht.“ Dschugasch liess mit unhörbarem Seufzer die Hand wieder sinken und ich machte unbeirrt weiter: „Was die Menschen brauchen, ist ne Harke, keine neuen Oberlehrer. Und was sie noch mehr brauchen, ist Schwung. Schwung, Musik und nicht Askese. Heute fangen wir an zu leben. Das ist Sozialismus.“
Ich kam in Fahrt.
Schuldturm-Kegelheim notierte alles, was ich sagte. Nur Tanja leistete noch offenen Widerstand. Irgendwann hatte sie ein Laster mit arabischem Nummernschild angefahren und seither war jeder, der ihr widersprach, ein Antisemit. Aber den Giftzahn zog ich ihr, bevor sie damit zubeissen konnte.
Sie funkelte mich an und wollte mir in die Parade fahren. Aber ich war vorbereitet. Ohne Punkt und Komma übergoss ich sie mit meinen Ausführungen.
„Man merkt es an allen Ecken und Enden. In Deutschland wurde mit den jüdischen Menschen auch der jüdische Humor ausgerottet. Tucholsky nahm sich aus Verzweiflung über den humorlosen Sozialismus das Leben. Walter Benjamin ist letztlich am mangelnden Esprit der Linken zugrunde gegangen. Man verwechselt in den deutschen politischen Zirkeln von links bis rechts Satire immer noch mit Scherzchenmachen. Nur ein Sozialismus mit jüdischem Mutterwitz von Heinrich Heinescher Heiterkeit hat Lebenskraft, verdient überhaupt den Namen „Sozialismus“, und das müssen wir den Menschen vor-LEBEN, nicht vorlabern.“
Das Funkeln in Tanjas Augen verwandelte sich bei meinen Worten in ein Staunen, dann Schimmern, sie presste die Augen zusammen wie eine schnurrende Katze und als sie sie wieder öffnete, sah sie mich wie ein Lämmchen mit tollkirschengrossen Pupillen gehorsam und erwartungsvoll an. „Kämpferisch wie Moses, musikalisch wie David und verständnisvoll wie Jesus. Das ist das menschliche Antlitz des Sozialismus!“ Tanja schmolz dahin, ich hörte wie ihr Götze Nietzsche vom Sockel fiel und am Boden zersprang, Gerd-Frederic rief „Bravo!“, Holger nickte, Sarah streifte meine Hand, Dschugasch war in sich zusammengesunken, nur Schuldturm-Kegelheim stenografierte eisig mit.
Ich holte zum letzten Schlag aus. „Wenn jemand am Ende ist, dann zeigt man ihm keine Bilder vom Elend der Welt oder liest ihm die Honecker-Memoiren vor! Das macht trüb-sin-nig und das ist re-ak-tio-när!“ Sie hatten in ihrer letzten Arbeitslosenzeitung tatsächlich einen Auszug aus Margot Honeckers Memoiren abgedruckt. Ich holte tief Luft. „Wer weiter schlechte Laune verbreiten will, der kann sein Bündel schnüren und zur CDU abwandern. Dort passt er hin!“ Wie Gottvater zeigte ich mit dem Finger auf die Tür, aber keiner wollte das Paradies der PDS verlassen. „Der Grufthauch muss raus aus unsern Schriften!“ rief ich aus und setzte mich.
Bravorufe, fast alle klopften auf die Tische, einige klatschten sogar Beifall.
Sarah warf mir einen bewundernden Blick zu. Das bestärkte mich.
Sofort legte ich nach und machte konkrete Aktionsvorschläge. „Tanz in den Mai vor der Gedächtniskirche“, „Song Contest vorm Arbeitsamt“ und am Wochenende sollte es eine „Fiesta Hexicana“ auf dem Rasen vor den Platten geben. Alles ohne polizeiliche Anmeldung und langes Larifari. Als mir Dschugasch widersprechen wollte, sagte ich nur „Bahnsteigkarte!“ und er verstummte. Sie wussten, was ich meinte.
Alle stimmten zu, nur Dschugasch enthielt sich der Stimme und Schuldturm-Kegelheim war sowieso gegen alles, was zu phantasievoll oder erfolgversprechend aussah.
Ich hatte die erste wichtige Sanierungsschlacht gewonnen. Zuhause angekommen machten wir uns sofort an die Arbeit. Petra und Sarah durften Glückskekse backen und Transparente bügeln für den Sonntag vor der Gedächtniskirche. Gerd-Frederic und Holger sorgten für den Inhalt, Holger für die Marx-, Gerd-Frederic für die Bibel-Zitate. Ich suchte in den Gelben Seiten und im Internet nach einer Karaoke-Maschine.
Am nächsten Sonntag vor der Gedächtniskirche rissen uns die Kirchenbesucher die Glückskekse wie warme Semmeln aus den Händen. Manche merkten leider zu spät, dass die Kekse revolutionäre Sinnsprüche enthielten, aber das machte nichts, das von uns verwendete Papier haftete an praktisch keinem Zahnersatz. Nach dem Gottesdienst drehten wir die Musik auf.
„Du bist nicht allein, wenn du kämpfst um die Miete Du bist nicht allein, wenn du träumst von der Rente“ hauchte ich voll Zärtlichkeit ins Mikro und ging auf die alten Damen zu. Ich schnappte mir eine und tanzte ein paar Walzerschritte mit ihr. Sie spürten instinktiv: Wer Glückskekse verteilte, konnte kein schlechter Mensch sein.
„Du bist nicht allein, denn die PDS steht hinter Dir ! Oh Darling, du bist nicht allein, denn wir stehn hinter dir.“ Sie war gerührt und steckte Sarah 10 Euro zu.
„Sie sind doch der Peter Alexander?“ meinte eine robustere, so um die 80 und kam mit Zettel und Kuli auf mich zu. „Ja, der vom Alexanderplatz“ gab ich ihr Recht und einen Kuss auf die Wange und wir tanzten hinüber zu Holger und Petra. Dort tauschten wir die Unterschriften aus.
Gelt, ihr seid von der CSU!?“ meinte die Freundin meiner Tanzpartnerin, als wir zurückkehrten. „Nur die Bayern können so feiern.“ „Ja“, sagte ich, „wir sind die CSU des Ostens, bitte unterschreiben auch Sie.“ „Tanzen sie dann auch einmal mit mir?“ fragte sie. „Klar“ sagte ich. Sie unterschrieb und wir tanzten. Ich hatte kein schlechtes Gewissen, wegen dem, was ich ihr gesagt hatte, denn die CSU stand ohnehin links von CDU und SPD und würde irgendwann mit uns fusionieren.
Eine andere meinte: „Sie sind bestimmt Roland Kaiser.“ „Nein, liebe Dame, ich bin Roy Black“ gab ich zur Antwort.. „Aber der ist doch schon lange tot!“ rief sie aus. „Pssssssst!“ machte ich, schaute mich verschwörerisch nach allen Seiten um und entführte die Zweifelnde mit der Gerhard-Wendtland-Weise „Tanze mit mir in den Morgen...“ Im Tangoschritt gings zum Unterschreiben. Als ihr Mann, ein Herr in den 70ern, der sie suchte, sie endlich entdeckt hatte und sie mit den Worten „Berta, das sind doch Kommunisten!“ von mir wegzog, war es zu spät. Hinter seinem Rücken winkte sie mir noch ein letztes Mal zu.
An diesem Sonntag brachen wir im Westen der Stadt eine Bresche in die Rentnerfront der CDU.
Auch vor dem Arbeitsamt hatten wir am darauffolgenden Montag einen Bombenerfolg. Wir veranstalteten einen Song Contest mit leicht umgedichteten Schlagern wie „Du bist reif für die Insel!“ Gemeint war Schröder. Unsere Plakate waren da eindeutig.
Als Preise winkten den Gewinnern drei Hertha-Abos in der Ostkurve. Tanja und ich traten im Outfit von Icke und Tanja Turner auf und nahmen bei den härteren Songs die Kandidaten in die Mitte. Der erste und mutigste war Spike. Er liess es brummen mit „Arrividerci Hans!“ Wir blendeten Eichel dazu ein. „Arrividerci, Hans, das war der letzte Tanz ...!“ Gute Laune kam auf. Am Ende schrien alle Arrividerci. Als zweiter sang Klleroz vom Taxistand „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“ Für die Softsongs und Zartbesaiteteren war Sarah zuständig, für die Punks Petra. Dann kam Ulf der Hammer auf die Bühne und sang das Lied „Wir lagen vor Madagaskar und hatten den Gerd an Bord!“ So ging es Schlag auf Schlag. Die Stimmung war grossartig, sogar die Arbeitsamtstanten kamen aus ihren Kabuffs und klatschten Beifall. Ein paar Frauen mit Kindern hatten sich direkt vor unserer kleinen Bühne aufgestellt und ihre Kleinen auf die Schulter genommen. „Was macht denn der Onkel da? „ fragte eine Dreijährige ihre Mutter „Revolution, Vera!“ antwortete die kluge Mama.
„Wir alle sind das Volk und keine Weihnachtsgänse!“ rief ich ins Mikro. Und jetzt singt Niko das Lied „He, He Gerd, wo ist mein Geld!“
Eine Omi, die mich von der Gedächtniskirche her kannte, drängelte sich nach vorn, ich entdeckte sie und hievte sie samt ihrem Einkaufsnetz auf die Bühne: „Herr Black, ich finde das ist richtig gut, was sie da machen. Bravo!“
Niko sang und alle sangen mit. Es gab einen richtigen Auflauf vor dem Arbeitsamt, aus dem Einkaufszentrum nebenan, aus den Arztpraxen und Apotheken strömten die Leute herbei, die Ideen sprühten. Von der Imbissbude nebenan stiessen ein paar Penner zu uns und brachten ihre halbleeren Dosen mit.
Ich sagte jeder, der mitsingt kriegt ne Büchse Bier von der PDS und wenn wir die ausgetrunken haben, dann hängen wir , -jeder von uns -, die Büchse ans Fahrrad, Auto oder Dreirad und ziehn vors Kanzleramt.
Ich machte klar, was ich von Schröder hielt und zerdrückte eine davon.
Spike bot sofort die Hilfe seiner Motorradgang an und Klleroz vom Taxistand sagte, seine Kumpels seien bereit. Ulf, der Hammer schrie ins Mikro: „Wir brauchen Panzer!“ aber als alter Gandhi-Fan beruhigte ich die Gemüter: „Er erst mal versuchen wirs mit leeren Dosen, die schmeissen wir den Verbrechern im Kanzleramt vor die Füsse. Und wenn wir mit Schröder fertig sind, dann ist die CDU dran, denn die wollen uns genau so ausnehmen.“ Alles schrie „Jawoll!“ und jubelte. „Weg mit den Verbrechern!“ Nur einige zauderliche Genossen aus der PDS, die ödesten aller öden Langweiler wie Dschugasch und Schuldturm-Kegelheim, wollten uns noch mit so lächerlichen Einwänden wie „Das schadet der Partei“ oder „Das ist ungesetzlich!“ zurückhalten. Ich wischte ihre Einwände weg. „Rentenklau und Wahlbetrug sind ungesetzlich, nicht, was wir hier machen. Wir lassen uns nicht bis 70 versklaven! Und ansonsten sag ich euch bloss eins: Bahnsteigkarte. Ich nehm die fünfzig, ihr nicht mal die 5-Prozent-Hürde!“ Tanja stand voll auf hinter mir. Sie war in ihrem Element und brachte auf ihre Art die Volksseele zum Kochen. Unter dem Johlen der Menge riss sie sich ihr weisses Brusttuch vom Leib, schrieb mit dickem Filzstift „Stoppt die Plünderer!“ auf den Stoff und hielt die Losung in die Menge. Spontan rissen die aktivsten unter unseren Zuhörern die Arbeitsmarktplakate in den Wartesälen von den Wänden und schrieben unsere Parolen auf die Rückseite. „Plünders.chweine, haut ab!“ „Gerd, wo ist unser Geld!“ „Arrividerci, Hans!“ Eine Verrrückte, die alle nur „Ilse“ nannten, hatte Aktenstapel aus den Büros des Arbeitsamts entwendet und zündete sie unter dem Beifall der Menge auf der Strasse an. Es war wie beim Sturm auf die Stasi.
Als wir eben mit „Oh When the Saints go marching in“ zum Kanzleramt losmarschieren wollten, hörten wir vom Ende der Strasse her das hässliche Lalü der Polizeifahrzeuge...
Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da, Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. (E.K.)
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Jessi Ka
Ort: Augsburg
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Erstellt: 22.07.03, 20:45 Betreff: Re: Die Lyrikecke
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O Herr lehre mich schweigen O Herr, Du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter und älter und eines Tages sehr alt sein werde. Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen. Erlöse mich von der Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen und heile mich vor dem Hochmut zu glauben, dass ich alles besser machen könnte. Lehre mich, nachdenklich (aber nicht grüblerisch), hilfreich (aber nicht diktatorisch) zu sein. Bei meiner ungeheueren Ansammlung von Weisheiten erscheint es mir ja schade, sie nicht weiterzugeben - aber Du verstehst, o Herr, dass ich mir ein paar Freunde erhalten möchte. Lass aber auch meine Freunde erkennen, dass nicht nur sie die Weisheit allein gepachtet haben. Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und verleihe mir Schwingen, zur Pointe zu gelangen. Lass aber auch andere Redner erkennen, dass Zuhörer, wenn sie ihre Augen geschlossen haben, auch wirklich schlafen. Lehre mich schweigen über meine Krankheiten und Beschwerden. Sie nehmen zu - und die Lust sie zu beschreiben wächst von Jahr zu Jahr. Ich wage nicht die Gabe zu erflehen, mir Krankheitsschilderungen anderer mit Freude anzuhören, aber lehre mich sie geduldig zu ertragen. Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich irren kann. Lehre dasselbe aber auch meine ehemaligen Kollegen, denn sie wissen oftmals nicht was sie tun. Erhalte mich so liebenswert wie möglich. Ich möchte kein Heiliger sein - mit ihnen lebt es sich so schwer, aber ein alter Griesgram ist das Krönungswerk des Teufels. Lehre mich an anderen Menschen Talente zu entdecken, und verleihe mir, o Herr, die schöne Gabe sie auch zu erwähnen. Halte Deine schützende Hand über mich, damit ich nicht schneller gehe als meine Beine es zulassen und ich nicht stolpere auf dem Weg, wo keine Steine sind. Wenn mich andere überholen, so unterdrücke in mir alle Neidgefühle, denn auch für sie wird der Tag kommen, an dem sie merken, dass man mit 65 älter als mit vierzig ist.
Auch aus dem Forum, weiss aber nicht mehr, von wem
Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da, Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. (E.K.)
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Jessi Ka
Ort: Augsburg
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Erstellt: 22.07.03, 20:42 Betreff: Die Lyrikecke
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Das CDU-Forums-Gedicht
Kennt Ihr den Ort, wo die Debatten bluehn? Wo Glaeubige geifern und die Passionen gluehn? Wo Opa Klaus grummelt und Stadler zensiert? Wo Ihe meckert und Neumann brilliert?
Und weitblick kopiert.
Kennt Ihr den Murphy? In Dortmund steht sein Dach , bei Koch-Kritik schlaegt Erich Erichsen Krach, Lensmanns Attacke wird von GdF pariert, waehrend Seidl die Weltverschwoerung konstruiert
und weitblick kopiert.
Ilse wechselt das Pseudo 3mal am Tag, obwohl auch 'Pilse' und 'Huelse' keiner zuhoeren mag. Bode wird wuetend von Freimann attackiert, waehrend Relmo dem Claus das Weltbild korrigiert
und weitlbick kopiert.
Wozi schaut nur noch selten vorbei Ob Intimfeind Daro auffindbar sei. An Muenzer hat Stadler ein Exempel statuiert, darauf war'n die Linken reichlich pikiert,
waehrend weitblick kopiert.
Andere sind auch weg: etwa Freund Ximo Oder auch der Melnickel Timo. Warum wohl Amadeus das Forum ignoriert? Und wer hat Holzhey wegschikaniert?
Doch weitblick kopiert.
In 50 Jahren - wo ist dann die CDU? Gibts noch die Reda? Ist das Forum dann zu? Aber selbst wenn die Zeit das Forum eliminiert, Skandal und Verrat die CDU ruiniert, Krieg, Erdebeben, Chaos die Welt ausradiert, der juengste Tag uns alle wegretuschiert -
eins gilt auch dann noch: weitblick kopiert.
Heinrich K. Pundit
Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da, Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. (E.K.)
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