Maria + Shania Mondego
Maria umschloss fest die Hand ihrer Tochter. So hatte sie sich die Reise in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht vorgestellt. Als sie Ethan vor einiger Zeit kennen gelernt hatte, klang alles zu schön um wahr zu sein. Der junge Amerikaner war nett zu ihr, lass ihr jeden Wunsch von den Augen ab und akzeptierte Shania, was ihr besonders am Herzen lag. Doch seit sie eingewilligt hatte ihn mit ihrer Tochter nach Amerika zu begleiten, war plötzlich nichts mehr wie vorher. Ethan wirkte angespannt und oft ungehalten, besonders im Umgang mit Shania. Es tat ihr weh, ihre Tochter traurig zu sehen, denn sie wusste, dass die Kleine nicht mitkommen wollte. Doch Maria wollte sich mit ihren fünfundzwanzig Jahren die Chance, dem tristen Leben in einer mexikanischen Bar entfliehen zu können, nicht entgehen lassen. Ihre Tochter sollte glücklich und mit der Hoffnung auf eine Zukunft aufwachsen können. Nur leider sah es im Moment alles andere als danach aus. Sie hatte kein Geld und Ethan war wütend, weil sie im Nirgendwo fest saßen. Er sagte, das sei nicht geplant gewesen und sie würden unbedingt auf ihn hören müssen. Er besaß ihre Pässe und drohte, sie zurück zu schicken, wenn sie nicht das taten was er sagte. Seine Art machte Maria Angst, aber sie versuchte sich wegen Shania nichts anmerken zu lassen und hoffte, dass alles gut werden würde.
Die Fünfjährige drückte die Hand ihrer Mutter. Ihr war kalt, sie hatte Hunger und Angst. Angst, vor den vielen Menschen, vor dem kalten Sturm und vor Ethan, der gar nicht mehr nett war. Im Grunde hatte sie ihn nie gemocht, doch ihrer Mommy zu liebe hatte sie es wenigstens versucht. Als er ihr dann zu Weihnachten einen braunen, buschigen Teddy schenkte, hätte sie ihn beinahe mögen können, wenn... ja wenn... Wütend bohrte sie die Finger in den Bauch des Plüschteddys bis die Finger schmerzten. Wenn er ihr nicht dafür Pedro, ihren heiß geliebten Kuschelhund weggenommen hätte. Ethan hatte darauf bestanden, dass dieser hässliche, zerzauste Teddy ab sofort ihr Freund sein sollte und sie Pedro erst wieder bekam, wenn sie in Amerika waren. Das war gemein, so furchtbar gemein! Shania mochte den neuen Teddy nicht, überhaupt nicht. Er war voll gestopft mit harten Sachen und gar kein bisschen kuschelweich. Dazu kam, dass er merkwürdig roch und es sie ekelte ihn zu kuscheln. Am liebsten hätte sie ihn irgendwo hingeworfen oder liegen lassen, aber Ethan passte genau auf, dass sie das auf keinen Fall tat. „Mommy, Mommy“, zupfte das kleine Mädchen ihre Mutter an der Jacke. Sie zitterte und blickte mit großen, braunen Augen zu ihr auf. „Ich habe Hunger. Wann können wir etwas essen?“
„Es tut mir leid mein Schatz, aber ich habe keine Dollar mehr. Wir müssen warten bis was Ethan sagt“, antwortete Maria und spürte das Knurren ihres eigenen Magens. Seit sie auf diesem Flughafen waren, traute Marie Ethan gar nicht mehr anzusprechen. Er fuhr bei jeder Kleinigkeit aus der Haut und war sehr mit Vorsicht zu genießen. Enttäuscht über die Worte ihrer Mutter verzog das kleine Mädchen die Mundwinkel und blickte sehnsüchtig zu einer blonden Frau, die eine Tüte Plätzchen in der Hand hielt.