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Gruppe Enigma
Wortlust und Weltmacht
Das Forum für Wortspieler
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Morgue
Ehemaliges Mitglied
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Erstellt: 11.01.08, 19:53 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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Zitat: Sigmund
Kleiner Nachtrag:
Mit Gottfried Benn kann ich mich nocheinmal näher befassen. Nur soviel: Du solltest dir mal Gedanken machen, ob du, wenn du einen Kollaborateur des Nationasozialismus als Literaturguru betrachtest, nicht doch auf dem Holzweg bist..
Er macht erstmal einen ziemlich schlechten Eindruck auf mich.
Verzeiht! |
ich habe mich ehrlich gesagt wenig mit benn befasst, gedichte gelesen. ehm, er war wohl erst für den nationalsozialismus und bald dann wieder gegen ihn. er bakm schreibverbot oder?
man sollte sich wohl nicht zu vieles auf eidruck einbilden, denn so wie man durch das/sein leben gehen will, ist frei und bedarf keinem gesetz. wenn andere einen dumm anschauen, so mache ich mir nicht viel daraus.
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Scriptor
Mitglied
Beiträge: 3004 Ort: 2 Meter über meinen Füßen
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Erstellt: 11.01.08, 20:02 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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...wenn andere dich aber fuer dumm halten, wirkt sich das auf deine Texte aus. Beziehungsweise deren Interpretation durch andere (die Leserschaft)
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Morgue
Ehemaliges Mitglied
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Erstellt: 12.01.08, 13:09 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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Zitat: Scriptor
...wenn andere dich aber fuer dumm halten, wirkt sich das auf deine Texte aus. Beziehungsweise deren Interpretation durch andere (die Leserschaft) |
ist die interpretation eines gedichtes überhaupt von relevanz in dieser gesellschaft? man kann schliesslich auch nur zuhören...
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X man
Ehemaliges Mitglied
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Erstellt: 12.01.08, 21:25 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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"Andere" lieben dich, dann steinigen sie dich... Wenn du schnell genug bist, nimmst du die Liebe mit und die Steine gehen ins Leere.
Wem mach ich es recht...?
-------------------- Leben heißt Suchen
[editiert: 12.01.08, 21:26 von X man]
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Scriptor
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Beiträge: 3004 Ort: 2 Meter über meinen Füßen
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Erstellt: 13.01.08, 02:25 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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Eben das kann man nicht. Man kann nicht "nur" zuhören, das Gehirn interpretiert immer alles was es hört und/oder sieht.
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X man
Ehemaliges Mitglied
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Erstellt: 13.01.08, 03:00 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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Wobei die Angst vor der Fehlinterpretation anderer nicht hindern sollte, dann und wann einem Gedanken zu folgen, den dir andere nie erlauben würden. Ein paar große Schritte der Menschheit geschahen trotz der Fehlinterpretationen derer, die ihre Macht gefährdet sahen.
Die Erde ist eine Scheibe.
-------------------- Leben heißt Suchen
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Scriptor
Mitglied
Beiträge: 3004 Ort: 2 Meter über meinen Füßen
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Erstellt: 13.01.08, 06:06 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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Klar, dennoch ist es halt faktisch so, dass man Kunst generell mit Hinsicht auf den Hintergrund betrachten sollte. Wenn man zum Beispiel Poe liest, dann macht alles viel mehr Sinn, wenn man seine persönliche Biographie dazu stellt. Da wird dann Annabell Lee von der merkwürdigen Phantasygeschichte zum wirklich Ergreifendem inneren Abschied. Lese ich nun also ein Werk und bemerke beim relativ zufälligen studieren der Lebensgeschichte des Autoren, weil mir seine Werke so sehr gefallen, dass er zum Beispiel mitglied der NPD wäre (nur als Extrembeispiel), dann sehe ich das Gedicht natürlich mit dem Hintergrund, dass der Autor rechtes Gedankengut im Kopfe hatte, vielleicht sogar, als er dieses von mir vergötterte Werk schrieb. Da denke ich "hallo?". Ich sehe mir das Werk nochmal an. Ich stelle fest, oder bilde mir ein (was meinem Gehirn natürlich wurst is) dass da versteckte, rechte Botschaften drin sind. Ich beginne, das Werk zu verachten.
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Jörg
Mitglied
Beiträge: 3646 Ort: Celle
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Erstellt: 13.01.08, 11:11 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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Zitat: Sigmund
Nur soviel: Du solltest dir mal Gedanken machen, ob du, wenn du einen Kollaborateur des Nationasozialismus als Literaturguru betrachtest, nicht doch auf dem Holzweg bist..
Er macht erstmal einen ziemlich schlechten Eindruck auf mich. |
Bei Dichtern und Schriftstellern aus jener Zeit muss/sollte/kann man oftmals zwischen Mensch und Werk unterscheiden. Wenn ich den (vorübergehenden) Nazi-Sympathisanten verdränge, bleiben (im Falle Benn) immer noch Dutzende guter Gedichte, frei von jeglicher Nazi-Ideologie:
Was schlimm ist
Wenn man kein Englisch kann, von einem guten englischen Kriminalroman zu hören, der nicht ins Deutsche übersetzt ist.
Bei Hitze ein Bier sehn, das man nicht bezahlen kann.
Einen neuen Gedanken haben, den man nicht in einen Hölderlinvers einwickeln kann, wie es die Professoren tun.
Nachts auf Reisen Wellen schlagen hören und sich sagen, daß sie das immer tun.
Sehr schlimm: eingeladen sein, wenn zu Hause die Räume stiller, der Cafe besser und keine Unterhaltung nötig ist.
Am schlimmsten: nicht im Sommer sterben, wenn alles hell ist und die Erde für Spaten leicht.
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X man
Ehemaliges Mitglied
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Erstellt: 13.01.08, 12:24 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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Manchmal denke ich - in jener Zeit, wieviel Gegenwehr hätte ich besessen? Ein wichtige Frage, ich behaupte, wer sie nicht stellt, ist schneller verführbar. Ich weiß, dass ich in meiner doch eher gnadenvollen Zeit (egal, wieviel zu schimpfen ich finde) auch schon einige Gegenwehr hingelegt habe, besonders wenn es um Menschen ging, die ich schützen wollte. Aber manch Mist kommt sehr verborgen daher, und meist muss ich erst in ihm wühlen, um ihn wirklich kennenzulernen. Wir wissen ja nur, was wir wissen - oder meinen zu wissen. Und was noch nicht erkannt wurde, ist nicht sichtbar. Denkend an die kaum gewagte Aufarbeitung der "Nazi-Zeit", und dann vorgestellt eine Zeit, in der sie bejubelt vorhanden ist und ich bin mittendrin - das ist eine Menge Dschungel, durch den es gilt, sich zum Licht durchzubeißen.
Und besonders wichtig Jörgs Aussage, dass Werk und Person nicht in einen Topf gehören. Die christliche Aussage, die unsere Westwelt sehr prägt: An ihren Werken sollt ihr sie erkennen - und: Schon ein böser Gedanke ist eine böse Tat - das sind (nicht grundsätzlich, aber entsprechend angewandt) dummdreiste Machtworte, um Angst zu machen, Schuld zu wecken, untertan zu machen.
Benn hat Großartiges geschrieben, z.B. Kafka erst recht. Das heißt für mich nicht, dass ich in Kafka-Folge mein Werk verbrennen lasse, vielleicht noch hoffe, dass mir nicht gehorcht wird...
Ein Mensch und ein Gedanke sind zweierlei, und dann mag der "Interpret" kommen und richten, wenn er es braucht. Oder sanfter: Zweifeln oder anerkennen, immer mit dem Wissen, dass der, der urteilt, an dem Urteil, dass er über andere spricht, mit Haut, Haaren und seinem Geist verantwortlich beteiligt ist.
Hau!
-------------------- Leben heißt Suchen
[editiert: 13.01.08, 12:25 von X man]
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Sigmund
Administrator
Beiträge: 1059 Ort: Linden
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Erstellt: 13.01.08, 19:38 Betreff: Re: Lyrik für Nachdenkliche
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Ich muss euch, Jörg und X-man leider grundsätzlich widersprechen.
Werk und Person kann man imho nicht einfach auseinanderzerren und sich so die Perlen herauspicken, ohne sich mit der Herkunft dieser zu beschäftigen. Gerade ist ein Werk in geschriebener Form bestes Zeugniss über den Verfasser und seiner Gedanken. Andersherum lässt eine Person auch nur die schriftstellerischen Leistungen zu, die seiner persönlich Entwicklung entsprechen. Daraus ergeben sich dann Sympathien, nicht nur zum Text oder zum Verfasser, sondern zum "Künstler", der sein Leben in schriftlicher, musikalischer oder sonstwie geschaffener Form späteren Generationen hinterlässt.
Nichtsdestoweniger lässt sich in gewisser Weise schon zwischen Text und Autor unterscheiden, was z.B. Stil oder Form angeht. Betrachtet man Texte allerdings inhaltlich muss man sich m.E. auch mit der Person beschäftigen, die den Text verfasst hat.
Übrigens habe ich gerade einen interessanten Text zu Gottfried Benn entdeckt:
Auseinandersetzung mit Gottfried Benn
(Natürlich bin ich mir meiner Fehlbarkeit bewusst und lege auch nicht meine Hand ins Feuer für die Aussagen, die dort getroffen werden und sich möglicherweise auf falsche Daten stützen)
Verzeiht!
[editiert: 13.01.08, 19:39 von Sigmund]
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