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Die Entrechtung der Sudetendeutschen
durch die Benes-Dekrete
Was hat es mit den Benes-Dekreten auf sich? – Diese Frage hört man immer wieder, wenn man auf die sogenannte „Rechts“-Grundlage für Enteignung und Vertreibung der Sudetendeutschen (und Magyaren) zu sprechen kommt. Was die Benes-Dekrete bedeutet haben und noch heute bedeuten, was in diesen Dekreten an Ungeheuerlichkeiten geschrieben steht, das wissen nur die wenigsten.
Manchmal löst die Information ein Aha-Erlebnis aus. Man will gar nicht glauben, daß in zwei Staaten, die auch der Europäischen Union beigetreten sind, tatsächlich noch immer derart rassistische Gesetze gelten. Die Forderung nach einer Aufhebung der Benes-Dekrete in Tschechien und der Slowakei hat nur dann eine Chance, erfüllt zu werden, wenn das Bewußtsein einer breiten Öffentlichkeit dafür geschärft wird. Einen Beitrag dazu soll die nachfolgende Darstellung der die Sudetendeutschen betreffenden Benes-Dekrete sein. Je mehr Menschen dies lesen und sich dabei wundern, daß so etwas mitten in Europa heutzutage noch immer gültiges Recht sein kann, desto größer wird der Druck auf die Politik, mit diesem himmelschreienden Mißstand endlich aufzuräumen.
Ungesühntes Vertreibungs-Massaker
Im sogenannten „Kaschauer Statut“, dem ersten Programm der tschechoslowakischen Regierung der Nationalen Front vom 5. April 1945, wurde im Artikel VIII vorgesehen, fast allen Sudetendeutschen die „tschechoslowakische Staatsbürgerschaft“ erneut aufzuzwingen, nachdem man sie völkerrechts- und menschenrechtswidrig wieder als tschechoslowakische Staatsbürger betrachtete und das Sudetenland erneut, wie 1918, mit Gewalt besetzte und annektierte. Hiervon sollten jedoch jene Personen nicht betroffen werden, die sich „vor und nach München 1938“, das heißt dem Münchener Abkommen, loyal und treu zur Tschechoslowakei bekannten, jene, die nach München 1938 ins Exil gingen und als „Antinazisten und Antifaschisten“ angesehen wurden.
Im „Kaschauer Statut“, benannt nach dem ersten Regierungssitz der tschechoslowakischen Regierung nach ihrer Rückkehr aus London über Moskau, wurde also primär nur die Vertreibung für jene Sudetendeutschen vorgesehen, die nach tschechoslowakischer Auffassung „wegen Verbrechen gegen die Republik“ zu verurteilen waren und jene, „die nach München 1938 einwanderten“. Jedoch sofort nach Kriegsende wurden die Sudetendeutschen stigmatisiert, indem sie weiße Armbinden oder Stoffteile mit schwarzem Aufdruck „N“ („N“ als Zeichen für „Nemec“ = Deutscher) tragen mußten. Ihre Lebensmittelkarten erhielten einen quergeschriebenen Aufdruck „Deutsche“. Dies führte für sie zu einer völlig unzureichenden Lebensmittelzuteilung. Einkaufen durften sie nur zu bestimmten Stunden. Der größte Teil der Sudetendeutschen wurde aus ihren Wohnungen in Notunterkünfte und Lager getrieben und gepfercht. Das
Programm von Kaschau (einer Stadt in der Ostslowakei) änderte sich jedoch binnen weniger Wochen. Die Sudetendeutschen wurden enteignet und bis auf rund 330.000 bis 350.000 von rund 3,5 Millionen völkerrechts- und menschenrechtswidrig ihrer Heimat und ihres Besitzes beraubt und ausgetrieben. Die Massenaustreibung vollzog sich in zwei Phasen, die sogenannte „wilde Austreibung“ in den Monaten Mai bis Juni 1945 und die von tschechoslowakischen staatlichen Behörden beziehungsweise den Nationalausschüssen organisierten Massenaustreibungen von Juli 1945 bis Oktober 1946. Es kam zu über 240.000 Vertreibungsopfern, darunter unzählige Pogrom-Tote. Diese Annexion und Deportation, dieser Genocid oder Völkermord, verdient jedoch den Terminus Vertreibungsholocaust (Terminus der Historien-Wahrheitsergänzung).
Enteignet und rechtlos
Die totale Enteignung, Rechtlosmachung und Zwangsarbeit wurde durch die Dekrete des Präsidenten der Reupublik, Staatspräsident Dr. Edvard Benes, ausgelöst. Zu diesen gesetzgeberischen Akten und zur Regierungsarbeit wurde er durch das „Kaschauer Programm“ ermächtigt.
Die menschenverachtenden „Dekrete“ wurden zusätzlich von den Mitgliedern der Regierung beziehungsweise den zuständigen Ressortleitern unterzeichnet. Sie wurden im nachhinein von der Nationalversammlung bestätigt und bisher nicht widerrufen und besitzen daher auch heute noch Gesetzeskraft.
Folgende Dekrete über Enteignung, Entrechtung und Zwangsarbeit wurden 1945 erlassen:
1. Das Dekret betreffend „die Ungültigkeit einiger vermögensrechtlicher Geschäfte aus der Zeit der Unfreiheit und über die nationale Verwaltung der Vermögenswerte der Deutschen, der Magyaren, der Verräter und Kollaboranten und einiger Organisationen und Anstalten“ vom 19. Mai 1945.
Dieses Dekret bildete die Grundlage für die Enteignung des privaten und Volksvermögens der in der Tschechoslowakei lebenden Deutschen. Aufgrund des Dekrets wurde das gesamte Vermögen dieser Personen unter "nationale Verwaltung", das heißt unter die Verwaltung der zuständigen "Nationalausschüsse“ (die in der Regel von der Kommunistischen Partei angeführt wurden), gestellt. Mehrere Millionen Sudetendeutsche wurden mit diesem beispiellos brutalen Akt de facto enteignet.
2. Das Dekret betreffend die „Konfiskation und beschleunigte Aufteilung des landwirtschaftlichen Vermögens der Deutschen, Magyaren, wie auch der Verräter und Feinde des tschechischen und slowakischen Volkes“ vom 21. Juni 1945. Dieses Dekret bot die Handhabe zur Beschlagnahme des gesamten landwirtschaftlichen Besitzes der Sudetendeutschen. Dieser wurde einem "nationalen Bodenfonds" unterstellt, der wiederum von Nationalausschüssen gebildet wurde.
3. Die Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 22. Juni 1945 über die „Sicherstellung des deutschen Vermögens“. Damit wurde das Gesamtvermögen der Sudetendeutschen, das bei Geldinstituten hinterlegt war (zum Beispiel Geld- und Wertpapierbesitz), konfisziert, außerdem wurden die deutschen Unternehmungen und deutschen Institutionen gezwungen, spätestens innerhalb von 15 Tagen ihr gesamtes Vermögen auf ein vom Finanzministerium bestimmtes Sperrdepot zu hinterlegen.
4. Das Dekret des Präsidenten der Republik vom 20. Juli 1945 über die „Besiedlung des landwirtschaftlichen Bodens der Deutschen, der Magyaren und anderer Staatsfeinde durch tschechische, slowakische und andere slawische Landwirte.“ Mit diesem Dekret wurde die Konfiskation des landwirtschaftlichen Besitzes der Sudetendeutschen bestätigt, um ihn möglichst rasch an tschechische und slowakische Neusiedler billig zu verteilen.
5. Das Verfassungsdekret des Präsidenten der Republik vom 2. 8. 1945 über die „Regelung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft der Personen deutscher und magyarischer Nationalität“.
Veröffentlicht wurde das Dekret am 10.8. 1945. Im Paragraph 1, Punkt 1 heißt es: „Tschechoslowakische Staatsbürger deutscher oder magyarischer Nationalität, die nach den Vorschriften der fremden Besatzungsmacht die deutsche oder die ungarische Staatsangehörigkeit erworben haben, haben mit diesem Erwerb die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit verloren“. Im Punkt 2: “Die übrigen tschechoslowakischen Staatsbürger deutscher und magyarischer Nationalität verlieren die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft mit dem Tage, an welchem dieses Dekret in Kraft tritt.“
In einem Kommentar, der vom Abteilungsleiter im tschechoslowakischen Innnenministerium, Dr. Vladimir Verner in der Zeitschrift „Pravni praske“ (9/1945) veröffentlicht wurde, heißt es: „Der Zweck des Dekrets ist es, die Deutschen zur Vorbereitung ihres Abschubs aus dem Gebiet der Tschechoslowakei ihrer Staatsbürgerschaft zu entkleiden“.
6. Das Dekret vom 19. September 1945 über „die Arbeitspflicht der Personen, welche die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren haben“. Mit diesem Dekret wurde die Zwangsarbeit für alle Personen angeordnet, denen nach dem Dekret vom 2. August 1945 die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft aberkannt worden war. Dieser Zwangsarbeit unterlagen Männer vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr und Frauen vom vollendeten 15. bis zum vollendeten 50. Lebensjahr.
7. Auf Grund der Kundmachung des Finanzministeriums vom 22. Juni 1945 mußten sämtliche Zahlungen an Deutsche auf Sperrkonten erfolgen. Selbst die Zahlungen aus Löhnen und Dienstbezügen, die den Betrag von 200 Kronen überstiegen. Über die auf diesen Sperrkonten lagernden Beträge konnte nur mit besonderer behördlicher Genehmigung verfügt werden. Die verbliebenen Sperrkonto-Guthaben wurden später mit Wirkung vom 1. Juli 1953 zugunsten des Staates eingezogen. In Sperrdepots mußten fernen alle Wertpapiere, Wert- und Kunstgegenstände und sonstige Wertsachen hinterlegt werden. Sie wurden ebenfalls entschädigungslos enteignet.
8. Das Dekret vom 25. Oktober 1945 über die „Konfiskation des feindlichen Vermögens und die Fonds der Nationalen Erneuerung“. Dieses Dekret bildete die Grundlage zur Enteignung des übrigen Vermögens der Deutschen, das durch die Dekrete vom 19. Mai bzw. 21. Juni 1945 noch nicht erfaßt war.
• Das Dekret vom 27. Oktober 1945 über die „Zwangsarbeit-Sonderabteilungen“. Ihm zufolge konnten alle als staatlich unzuverlässig erklärten Personen auf unbestimmte Zeit in „Zwangsarbeit-Sonderabteilungen“ (Konzentrationslager) inhaftiert werden. Dieses Dekret wurde ergänzt durch die
• Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom 2. Dezember 1945 über die „Richtlinien zur Durchführung des Dekrets des Präsidenten der Republik über die Arbeitspflicht von Personen, welche die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren haben“.
• Gesetz über die „Rechtmäßigkeit von Handlungen, die mit dem Kampf um die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zusammenhängen.“ Eine Handlung, die in der Zeit vom 30. September 1938 bis zum 28. Oktober 1945 vorgenommen wurde und deren Zweck es war, einen Beitrag zum Kampf um die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zu leisten, oder die eine gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten oder ihrer Helfershelfer zum Ziel hatte, ist auch dann nicht widerrechtlich, wenn sie sonst nach den geltenden Vorschriften strafbar gewesen wäre.
Mit diesem sogenannten „Amnestiegesetz“ wurden praktisch alle an Deutschen und Ungarn im Zuge der Vertreibung begangenen Verbrechen legalisiert.
Die verbrecherischen Anordnungen der Benes-Dekrete, die mehrere Millionen Menschen ausplünderten und beraubten, sind ohne jedes Beispiel.
Unabdingbare Grundvoraussetzung für jeden sudetendeutsch-tschechischen Ausgleich ist die Aufhebung dieser nach wie vor gültigen rassistischen Gesetze.
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Zum tschechischen Imperialismus:
1918 zerfiel die österreich-ungarische Monarchie in ihre nationalen Bestandteile. Auch die in Böhmen und Mähren ansässigen Tschechen sagten sich am Ende des Ersten Weltkriegs von der Zentralgewalt in Wien los und proklamierten einen eigenen Staat. Dabei beriefen sie sich auf den neuformulierten Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker, der es allen Nationen und Nationalitäten erlauben sollte, selbst darüber zu entscheiden, zu welchem Staat sie gehören wollten. Die Tschechen bezogen in ihr Staatsgebiet jedoch auch Territorien ein, deren Bewohner keine Tschechen waren und die Zugehörigkeit zu einer sogenannten Tschechoslowakischen Republik entweder deutlich ablehnten oder denen überhaupt die Möglichkeit genommen wurde, sich zu dem neuen Staatsgebilde zu äußern. Dazu gehörten die Sudetendeutschen, die in Böhmen und Mähren größtenteils in geschlossenen Siedlungsgebieten, räumlich also von den Tschechen getrennt, lebten. Nach dem Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker hätten auch die Sudetendeutschen das Entscheidungsrecht darüber haben müssen, welchem Staat sie sich anschließen wollten. Aber das wurde ihnen mit Gewalt verwehrt durch tschechische Soldaten und Polizisten. Die Einbeziehung des Sudetenlandes in einen von Tschechen beherrschten Staat war somit nichts anderes als ein Akt der bewaffneten Unterwerfung eines fremdes Volkes, folglich ein Ausdruck des tschechischen Imperialismus. Als sich am 4. März 1919 Sudetendeutsche in ihrer Heimatstadt Eger und anderenorts zu einer friedlichen und unbewaffneten Demonstration für ihr Selbstbestimmungsrecht versammelten, wurden 54 von ihnen von Tschechen erschossen. Das waren aber nur die ersten, nicht auch die letzten Opfer tschechischer Mörder. Bis 1938 verloren 212 Sudetendeutsche auf diese Weise ihr Leben, weil sie sich mit der tschechischen Unterdrückung nicht abfinden wollten.
Die Tschechen hatten also mit Gewalt - und keineswegs nur in Eger - vollendete Verhältnisse geschaffen, und es gelang ihnen, sich ihre Machtansprüche 1919 im Friedensdiktat von St. Germain von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs sanktionieren zu lassen. Das geschah vor allem mit Hilfe der französischen Regierung, die eine Vereinigung Deutsch-Österreichs mit dem Deutschen Reich strikt ablehnte, aber auch nicht zulassen wollte, daß sich die Sudetendeutschen allein an Deutschland anschlossen. Eine Zersplitterung der Deutschen und deren Kontrolle durch nichtdeutsche Mehrheiten gehörten zu den Kriegszielen Frankreichs und wurden 1919 in den Pariser Vorortverträgen konsequent erzwungen, wo es möglich war. Vertreter Englands und Amerikas wurden bei diesen Beratungen von tschechischen Politikern, und hier vor allem von Masaryk und seinem engsten Mitarbeiter Benesch, mit gefälschten Statistiken über die Zusammensetzung der neugegründeten Tschechoslowakei getäuscht. Vertreter der Sudetendeutschen, die zu den Beratungen nach Frankreich gekommen waren, wurden dort gar nicht gehört. Proteste sudetendeutscher Politiker gegen die Besetzung ihrer Heimat durch tschechische Truppen blieben gleichfalls unbeachtet. Aus Pariser Sicht spielten jedoch auch strategische Gründe eine Rolle: die Absicht, eine auch territorial starke Tschechoslowakei als Verbündeten der westlichen Siegermächte und militärischen Gegner Deutschlands zu haben.
So entstand ein neuer Nationalitätenstaat, und zwar ohne Zustimmung und gegen den Willen der nichttschechischen Nationalitäten. Die Tschechen machten nur 46 Prozent der Bevölkerung des neuen Staates aus. Es gab auch keine tschechoslowakische Nation.Tschechen und Slowaken wurden 1918 zum erstenmal staatlich vereint. Bis dahin hatten die Tschechen in Böhmen und Mähren immer zum Deutschen Reich oder, nach 1806, zu Österreich gehört, die Slowaken hingegen zu Ungarn. Und auch der Zusammenschluß mit den Tschechen geschah, ohne daß die Slowaken danach gefragt worden wären. Am 30. Oktober 1918 wurde lediglich eine Deklaration über einen gemeinsamen Staat der Tschechen und Slowaken von Privatpersonen unterzeichnet, die niemand dazu legitimiert hatte. Der tschechische Imperialismus richtete sich also nicht nur gegen die Deutschen, die fast ein Viertel der Bevölkerung im neuen Staat ausmachten, sondern auch gegen Slowaken, Ungarn und Ukrainer.
Zweifellos war das Selbstbestimmungsrecht der Völker 1919 kein allgemein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts. Derjenige, der sich dazu bekannte, mußte es jedoch für alle gelten lassen. Aber tatsächlich wurde es nach dem Ersten Weltkrieg nur dort angewandt, wo es zum Nachteil der Deutschen benutzt werden konnte, und dort verweigert, wo es von Deutschen beansprucht wurde. Das galt für die Sudetendeutschen ebenso wie für jene Deutschen, die 1919 polnischer, italienischer, französischer, belgischer Gewalt ausgeliefert wurden.
Der überaus willkürliche Umgang mit dem Begriff des Selbstbestimmungsrechts durch diejenigen Staaten, die seine Anwendung proklamierten, zeigte sich im 20. Jahrhundert und bis in die Gegenwart noch oft. Zwanzig Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges verlangten England und Frankreich dann 1938 - im Gegensatz zu ihrer Haltung bei den Pariser Verträgen - von der Prager Regierung den Verzicht auf die tschechische Herrschaft in den mehrheitlich deutschbesiedelten Gebieten Böhmens und Mährens und somit die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlaubten die Alliierten den tschechischen Machthabern aber nicht nur, ihre Herrschaft wieder über ganz Böhmen und Mähren auszudehnen und somit den Sudetendeutschen erneut das Selbstbestimmungsrecht zu nehmen; sie stimmten sogar zu, daß die Sudetendeutschen ganz aus ihrer jahrhundertealten Heimat, die nie tschechisch war, vertrieben wurden.
Zwischen 1919 und 1938, dem Jahr ihres Anschlusses an das Deutsche Reich, waren die Sudetendeutschen in der Tschechoslowakischen Republik zahlreichen Benachteiligungen ausgesetzt. Die Tschechen verfügten eine Wahlordnung, nach der sie für einen Abgeordneten
39.957 Stimmen aufbringen mußten, die Deutschen hingegen 47.716 und die Ungarn 109.847. So sicherten sie sich auch im Parlament einen weitaus höheren Einfluß, als er ihnen zustand. Zahllose Schikanen sollten bewirken, daß die Sudetendeutschen entweder die tschechische Volkszugehörigkeit annahmen oder auswanderten. Die Zahl der deutschen Beamten bei der staatlichen Verwaltung, bei Gericht, Post und Eisenbahn wurde schon im ersten Jahrzehnt des Bestehens der Tschechoslowakei um die Hälfte verringert. Die Sicherheitspolizei bestand fast vollständig aus Tschechen. Deutsche Bewerber für den Staatsdienst ließ man oft an einer >Sprachprüfung< scheitern. In den Ministerien gab es nur zwei Prozent deutsche Beamte. Der deutschen Industrie wurden hingegen tschechische Arbeiter aufgezwungen, die deutsche Wirtschaft wurde bei der Vergabe von Aufträgen und Darlehen schwer benachteiligt. Eine sogenannte Bodenreform enteignete große Gebiete aus sudetendeutschem Besitz zugunsten von Tschechen. Tausende von deutschen Schulen und Kindergärten wurden geschlossen, 1933 die deutschen Parteien aufgelöst. Die Liste solcher Schikanen ließe sich noch lange fortsetzen.
Aber das alles wurde weit von den Verbrechen überboten, die 1945 nach der Kapitulation der Wehrmacht von Tschechen an Deutschen verübt wurden. Bevor diese ihrer ganzen Habe beraubt und aus ihrer Heimat vertrieben worden sind, kam es in Böhmen und Mähren zu Massenmorden, denen etwa 241.000 Sudetendeutsche, etwa 120.000 reichsdeutsche Flüchtlinge und eine unbekannte Zahl von deutschen Soldaten zum Opfer gefallen sind. Es war das Ziel der Tschechen, alle Deutschen aus dem von ihnen beanspruchten Gebiet zu vertreiben, Mord und Terror waren, wie auch im Fall der Polen, die Instrumente ihres Imperialismus.
Deutsche Kriegsgefangene und Verwundete aus Lazaretten wurden unter furchtbaren Mißhandlungen ermordet, an Laternenpfählen aufgehängt und bei lebendigem Leib verbrannt, unter großer Anteilnahme und Zustimmung der tschechischen Bevölkerung öffentlich totgeschlagen oder in Gewässern ertränkt. Hunderttausende von Deutschen wurden, oft jahrelang, in tschechischen Lagern gefoltert, dem Hunger ausgesetzt und zur Zwangsarbeit getrieben. Die Dokumentation des Bundesarchivs in Koblenz schreibt darüber: »Zu den Gewalttaten gehörten Tötungen, verübt in verschiedenster Weise durch Erschießen, Erhängen, Erschlagen, Ertränken, brutale und sadistische Mißhandlungen, ferner Vergewaltigungen von Frauen... Aus einer Anzahl von Gemeinden wird über öffentliche Exekutionen berichtet, denen zum Teil die Einsetzung irnprovisierter Volksgerichte vorausging. Die diesen vorgeführten Personen wurden während und nach den Verhören auf das schwerste mißhandelt oder auch zu Tode gefoltert... Unmittelbar nach Beginn des Prager Aufstandes begann auch in großem Umfang die Verbringung von Deutschen in Gefängnisse und Lager. Nach Ermittlungen des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes bestanden in der Tschechoslowakei 1215 Interniertenlager, 846 Arbeits- und Straflager und 215 Gefängnisse, in denen 350.000 Deutsche längere oder kürzere Zeit festgehalten worden sind. .. Unmenschliche Verhältnisse führten zum Tod von Lagerinsassen durch Kräfteverfall und Epidemien, verursacht durch mangelhafte Ernährung, fehlende Medikamente, unhygienische Verhältnisse und durch Depressionen infolge sadistischer Mißhandlungen. Sehr hoch war die Sterblichkeit bei Kindern und älteren Leuten. Von den Arbeitslagern wiesen die der Bergwerke eine besonders hohe Sterblichkeit auf... Nach Schätzungen des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes muß bei einer Gesamtzahl von 350.000 in Gefängnisse und Lager verbrachten Deutschen mit ca. 100.000 Opfern gerechnet werden.«
Das ist Imperialismus, wie er heute in Deutschland verschwiegen werden soll.
Rolf Josef Eibicht, MA
München, den 4. 4. 2011