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"Ich werde nicht Trainer in Karlsruhe!"
Nach der Beurlaubung von Trainer Lorenz-Günther Köstner beim Karlsruher SC noch vor dem Jahreswechsel schießen nun die Spekulationen um die Nachfolge des 52-Jährigen ins Kraut.
"Spätestens bis zum Trainingsauftakt am 28. Dezember wollen wir einen neuen Trainer präsentieren", erklärte Präsident Hubert Raase. Wolfgang Rolff ist im Gespräch und auch über Bruno Labaddia und Jürgen Röber wird diskutiert.
Mit Winnie Schäfer nimmt sich ein potenzieller Kandidat bei Sport1 gleich selbst aus dem Rennen. "Ich werde nicht Trainer in Karlsruhe", wehrt Kameruns Ex-Nationaltrainer alle Gedankenspiele in diese Richtung ab.
Schäfer will sich eigentlich aus allem raushalten, Gedanken macht sich der 54-Jährige trotzdem über die brenzlige Situation beim KSC und eine mögliche Rückholaktion von "Icke" Häßler. Außerdem wünscht er sich einen alten Weggefährten als Köstner-Nachfolger.
Sport1: Herr Schäfer, Lorenz-Günther Köstner ist gestern beurlaubt worden. Hat Sie die Entscheidung nach der Talfahrt zuletzt überhaupt noch überrascht?
Winnie Schäfer: Nein, eigentlich nicht. Der Druck ist nach den Niederlagen gegen Duisburg und Cottbus einfach zu groß geworden. Aber die Schuld an der sportlichen Situation nur dem Trainer zu geben, wäre falsch. Man muss auch sehen, welche Mannschaft er zur Verfügung hatte.
Sport1: Was ist da los in Karlsruhe?
Schäfer: Die ganze Region Karlsruhe wartet nur auf die Aufbruchstimmung. Ich sehe das jeden Tag: Die Region will! Karlsruhe ist nun mal kein Bayern München, wie einige früher wohl dachten. Der KSC ist ein Familienverein. Und in einem solchen muss man Visionen haben. Vielleicht kann der Wolfgang Rolff die Euphorie entfachen.
Sport1: Sie sprechen einen der möglichen Nachfolge-Kandidaten gleich an...
Schäfer: Das Publikum hat den Wolfgang immer gemocht, weil er immer zu hundert Prozent Profi war. Er könnte durchaus was bewegen.
Sport1: Wo liegt das große Problem beim KSC?
Schäfer: Das liegt schon Jahre zurück. Nach den Abstiegen haben die Vorgänger von Präsident Hubert Raase die Nachwuchsarbeit mehr als vernachlässigt. Die A-Jugend ist damals abgestiegen, die Amateure auch. Dabei war das immer unser größtes Plus, davon hat der KSC gelebt, darauf konnte man immer zurückgreifen. Wir standen vor der Wahl: Aufsteigen oder den Laden dicht machen. Und dann haben wir den Aufstieg gepackt mit Leuten wie Kreuzer, Schütterle oder Glesius. Wir sind auch mal auf die Schnauze gefallen, aber wir haben uns immer hohe Ziele gesteckt. Und das läuft verkehrt in Karlsruhe.
Sport1: Sie sprechen immer von "wir" - Ihnen muss doch das Herz bluten, wenn Sie den KSC dieser Tage sehen.
Schäfer: Das nun auch nicht. Aber ich warte schon darauf, dass etwas nach vorne geht. Und das liegt nicht nur am Trainer. Genauso wie es damals nicht nur Winnie Schäfer war. Und ohne jetzt den Mainzern zu nahe treten zu wollen: Aber der FSV in der Ersten Liga und der KSC in der Zweiten auf einem Abstiegsplatz - das kann nicht sein.
Sport1: Die "Winnie-Schäfer"-Sprechchöre der Fans nach dem 0:3 gegen Duisburg dürften Ihnen nicht entgangen sein, oder?
Schäfer: Als die Fans am Zaun standen, bin ich zwei Stunden im Innenraum geblieben, um einen Eklat zu vermeiden. Das wollte ich auf gar keinen Fall.
Sport1: Jetzt ist es nun aber so, dass der Trainerjob beim KSC wieder vakant ist...
Schäfer: Ich werde nicht Trainer in Karlsruhe! Das habe ich vor dem Duisburg-Spiel gesagt und danach auch. Ich habe mich auch nie angeboten.
Sport1: Würde eine andere Funktion, als Berater etwa, für Sie in Frage kommen?
Schäfer: Dazu möchte ich gar nichts sagen. Wenn der KSC meine Hilfe und Rat braucht, können Sie mich anrufen. Die sollen die Klasse halten und einen gezielten Neuaufbau starten mit dem Ziel Erste Liga.
Sport1: Das könnte nach den zuletzt gezeigten Leistungen aber recht schwer werden.
Schäfer: Die Spieler müssen mit einem anderen Gefühl auf den Platz gehen. Die dürfen nicht ans Verlieren denken, die müssen mit Optimismus ran gehen. Dann kann man Spiele gewinnen.
Sport1: Und wer soll den Spielern dieses Gefühl vermitteln?
Schäfer: Der Wolfgang Rolff kann das! Er ist ein super Arbeiter und Taktiker. Der kann den Abstieg noch vermeiden. Denn das wäre ein Drama für die ganze Region. Was die nach den Abstiegen schon an Geld und Renomme verloren haben...
Sport1: Muss man nicht auch die Mannschaft noch personell verstärken?
Schäfer: Ich denke schon. Aber nicht unbedingt teure Spieler. Da sitzen bei anderen Mannschaften genug auf der Bank, die gerne spielen würden. Aber das wichtigste ist die Euphorie, die entfacht werden muss. Da muss wieder Theater sein!
Sport1: Wie bei Ihnen damals.
Schäfer: Wir hatten auch genug Probleme, auch acht Millionen Mark Schulden und die ersten Spiele hoch verloren. Aber danach haben wir in der Rückrunde nur noch ein Spiel verloren. Und anfangs kamen auch nur 6000 Zuschauer und dann haben die uns die Bude eingerannt.
Sport1: "Icke" Häßler will unbedingt wieder Fußball spielen. Wäre der eine Option für den KSC?
Schäfer: Wenn ich sehe, dass der Dundee selbst die Flanken schlagen muss, dann läuft was falsch. Der muss gefüttert werden mit Flanken und Freistößen. Und das kann der "Icke". Außerdem ist er ein Führungsspieler. Den hätte ich, und das habe ich schon vor Wochen gesagt, für ein Jahr genommen. Wenn der nur zehn gute Spiele macht, dann läuft es auch wieder.
Sport1: Mit dem Nebeneffekt, dass allein der Name Häßler die Fans ins Stadion locken würde.
Schäfer: Ja klar. Die Finanzen hätte man wohl schon in den Griff kriegen können. Mit einem leistungsbezogenen Vertrag etwa. Aber noch mal: Das ist Sache des KSC und ich will mich da raushalten.
Sport1: Gibt's was Neues aus Kamerun?
Schäfer: Alle, die mit dieser unsäglichen Geschichte zu tun hatten, sind entlassen worden. Auch der Minister. Der Präsident hat jetzt einen neuen Premierminister eingesetzt, der ein guter Bekannter von mir ist. Ein seriöser Mann, der die nötige Ordnung wieder reinbringt. Im Grunde war das wie beim KSC: Da wurde gerackert und gerackert - elf Jahre lang. Und innerhalb von zwei Jahren war alles runtergewirtschaftet. Seit 1990 wurde in Kamerun erfolgreich gearbeitet und dann machen die innerhalb von drei Tagen alles kaputt. Da wurde gezielt gegen die Nationalmannschaft gearbeitet.
Sport1: Auch gegen Ihre Person?
Schäfer: Es ging einzig und allein um die französische Fraktion, die einen französischen Trainer wollte. Das war Mobbing und warten auf ein schlechtes Ergebnis, um reagieren zu können. Aber jetzt läuft alles wieder in geregelten Bahnen.